4. Das Internet als Lernmedium

Nach einer kurzen Einführung in die Lerntheorien und Methoden wurden im Kapitel 3 die computerbasierten Lernsysteme allgemein beschrieben und im Kontext eingeordnet. Das nun folgende Kapitel stellt den Zusammenhang zwischen klassischer und netzerweiterter computerunterstützter Ausbildung her. Hierbei wird auch auf andere Facetten des interaktiven Lernens als die des computerbasierten Trainings (CBT) eingegangen. Auf solche nämlich wie sie sich auf Grund der globalen Kommunikationsstruktur des Internets ergeben. Diese Möglichkeiten werden kurz angeschnitten und umrissen. Schwerpunkt diese Kapitels liegt aber auf der Betrachtung von Implementierungsmöglichkeiten von interaktiven CBT's im WorldWideWeb (WWW), dem sogenannten webbased Training kurz WBT.

4.1 Arten des vernetzten Lernens im Internet

Noch vor kurzem war das Wort Internet für viele ein Begriff, mit dem sie nicht viel anfangen konnten. Dies hat sich in einem rasanten Tempo geändert. Heute steht praktisch jedem Studenten an deutschen Hochschulen ein kostenloser Internetzugang zur Verfügung, die großen kommerziellen Internetanbieter verzeichnen 6 stellige Zuwachsraten und mit Initiativen wie "Schulen ans Netz" wird versucht, das notwendige Verständnis für das neue Medium in der jüngeren Generationen zu schaffen.

Wie gesagt es handelt sich um ein neues Medium. Banalisiert kann man das Internet auch mit einem größeren lokalen Netzwerk von Computern vergleichen. Daher ergeben sich die selben Möglichkeiten in Hinsicht auf das interaktive Lernen, wie sie auf lokalen Systemen möglich sind.

Hinzu kommen jedoch Möglichkeiten wie das Kommunizieren mit gleich interessierten Schülern, die nicht mehr nur aus dem gleichen Kulturkreis kommen oder die gleiche Ausbildungsbasis besitzen. Vollkommen neue Ansichtsweisen werden möglich. Außerdem wird Lernen durch die Struktur dieses weltumspannenden Netzwerkes ortsunabhängig. Ob jemand in Deutschland oder Australien sitzt, ist für die Verfügbarkeit unerheblich. Distance Learning wird dies in Neudeutsch genannt.

Natürlich dürfen auch einige der Nachteile, die durch eine solche weltweite Verfügbarkeit entstehen können, nicht vernachlässigt werden. Ist ein Lehrangebot nicht auf einen bestimmten Kulturkreis bzw. ein geographisches Gebiet abgestimmt, sondern globaler Bestimmung, können sprachliche aber auch soziale Unterschiede zu Mißverständnissen und Unstimmigkeiten führen. Man denke nur an die unterschiedliche Bedeutung von Farben in verschiedenen Kulturen. Weiß steht in Japan für Trauer, wohingegen nach der westlichen Auffassung weiß als Farbe der Reinheit angesehen wird.

Gleiche Probleme können aber auch bei einem Frontalunterricht in einer gemischt kulturellen Klasse entstehen. Problemlösungen gibt es hier wie dort.

Welche Möglichkeiten des Lerneinsatzes gibt es nun im Internet als Lerner aktiv zu werden? Die Liste der Anwendungsmöglichkeiten stellt eine Übersicht dar. Sicher wird es noch andere Facetten und Anwendungen geben bzw. mit der Zeit möglich werden. Die Auswahl gibt jedoch Aufschluß auf das Ausmaß dieses Mediums und die Chancen in Bezug auf computerbasiertes und -unterstütztes Lernen:

  • Lernen durch Kommunizieren
  • Lernen durch Entdecken und Anwenden
  • Lernen durch Publizieren
  • Lernen mittels Lernsystemen auf Basis von Internettechnologien, die WBTs
  • Die virtuelle Lehrstunde: VideoConferencing/WhiteBoards/Discussions
  • Die virtuelle Schule: Vereiningung aller aufgeführter Anwendungen

Die Auflistung stellt eine hierarchische dar. Die zuerst genannten Anwendungen sehen dabei geringen technischen Aufwand vor, jedoch ist auch die Bedeutung im Bezug auf den klassischen Unterricht entsprechend begrenzt. Weiter unten stehende Anwendungen hingegen gleichen sich in Ihrem Charakter mehr dem Frontalunterricht, allerdings steigen auch die technischen und administrativen Voraussetzungen. Der ultimative Einsatz des Internets als Lernmedium, welches eventuell auch die konventionelle Schulbildung ersetzen könnte, schließt die Anwendung aller genannten Facetten ein. Obwohl technisch mit entsprechendem Aufwand realisierbar, liegt eine tatsächliche Realisierung aus Kostensicht noch in ferner Zukunft.

Im folgenden werden die einzelnen Anwendungen genauer beschrieben. Schwerpunkt liegt dabei auf der Beschreibung des Lernweges. Auf etwaige Probleme und Gefahren die durch diese Formen des Onlinelernens entstehen können, wird auf Grund von Überschneidungen unter 4.4 allgemein eingegangen.

4.1.1 Lernen durch Kommunizieren

Einfachste Art des interaktiven Lernens ist das Kommunizieren mit Gleichgesinnten über Newsgroups und Email bzw. Diskussionsforen. Interaktivität deshalb, da auf gestellt Fragen, aufgezeigte Meinungen und Ansichten von anderen Internetusern ein Feedback kommt. Man erinnere sich noch einmal an die Definition des Lernens als unterste Stufe der Lernpsychologie: Lernen ist die Veränderung des Verhaltenspotientals eines Organismus durch bewußte oder unbewußte Erfahrungen.

Diese Definition für sich bezieht auch den zwischenmenschlichen Austausch in das Lernen mit ein, egal ob soziale Verhaltensweisen oder gedankliche Ausfassungen. Gleiches gilt natürlich auch für den Austausch auf elektronischem Wege. Der Inhalt bleibt im allgemeinen gleich, lediglich das Medium ändert sich.

Kommunikation kann als Lernvorgang, unabhängig vom Medium, als einfachste Art des Lernens gesehen werden. Folglich muß die Kommunikation über das Internet mit den erwähnten Technologien mit einbezogen werden.



4.1.2 Lernen durch Entdecken und Anwenden

Das WWW bietet eine schier unermeßliche Menge an Informationen. Fast zu jedem Thema lassen sich Unmengen von Quellen finden. Viele Bibliotheken, Datenbanken, Enzyklopädien und andere Wissensorentierte Nachschlagewerke sind mittlerweile online mit einem Webbrowser erreichbar.

Es sei folgendes Szenario gegeben: Ein Schüler bekommt die Aufgabe, über das Land Australien einen Bericht zu erstellen. Relevante Informationen wären allgemeine Daten über die politischen und sozialen Verhältnisse, Berichte über historische Ereignisse, kulturhistorische Zusammenhänge und vielleicht einige Bilder und eine Landkarte um den Bericht optisch etwas aufzulockern. In einer der Suchmaschinen gibt er entsprechende Suchbegriffe ein, über Websites mit Linklisten klickt er sich in Informationen ein. Hier einige Daten aus dem CIA-Factsbook [http://203.2.58.1/SubjectPointers/SCUxSubject.IS/ReferenceAndGeneral/ciaworldfacts.html (Stand: 03.04.1997)], dort eine Landkarte aus der Landkartensammlung [http://www.mapquest.com/ (Stand: 03.04.1997)] und dann vielleicht noch einige Hintergründe über die Lage der Aboriginals in Australien [http://luff.latrobe.edu.au/~gengl1/didj.html (Stand: 03.04.1997)]. Der Schüler kann die gefundenen Daten und Grafiken auf seinen Rechner übertragen und ausdrucken oder abspeichern um sie direkt in einem Textverarbeitungsprogramm weiter zu verwerten.

Zugegeben, es wird eine große Kenntnis im Umgang mit Computertechnologien vorausgesetzt, um das beschriebene Szenario auch in die Realität umsetzen zu können. Wichtig ist jedoch nicht wie umfangreich die gefunden Datensammlung ist oder ob die Daten auch effizient auf elektronischem Wege weiterverarbeitet werden. Aus Sicht der Lehrmethoden ist es einzig und allein wichtig, daß der Schüler die Lösung durch Eigeninitiative gefunden hat. Auf diese Weise lernt der Schüler aktiv und selbstenteckend. Genau dies ist auch was das Lernmodell des Entdeckenden Lernens nach Bruner beschreibt. Hinzu kommt ein Mitnahmeeffekt von Informationen die nur im vorbeistreifen gelesen wurden. Außerdem sind Informationen zugänglich die über den traditionellen Weg der Informationsfindung (über Bücher, Zeitschriften, Fernsehen) nicht in gleichem Umfang zur Verfügung stehen.

4.1.3 Lernen durch Publizieren

Das WorldWideWeb bietet nicht nur die Möglichkeit als Informationsquelle genutzt zu werden, ebenso kann jeder auf sehr einfachen Weg eigene Informationen publizieren. War bisher die Schülerzeitung einziges Outlet schulischer Kreativität, tut das WWW ganz neue Türen auf.

Doch wie lernt der Schüler vom selbständigen Publizieren in diesem Netz. Der Lerner bereitet zum Beispiel die Ergebnisse eines von Ihm durchgeführten Projekts entsprechend für das WWW auf. Hier zu ist es notwendig Informationen so in Dokumenten zu strukturieren, daß sie der nicht-linearen Navigationsweise des Hypertext gerecht werden. Während dieser Aufbereitung ergibt sich ein nützlicher Nebeneffekt: der Lerner erfährt, daß die neue Technik etwas beherrschbares ist. Die Aura des Unerreichbaren, wie sie beispielsweise den Medien Fernsehen und Zeitung anhaftet, sind verschwinden. Neue Entwicklungsperspektiven gerade für jüngere Lerner eröffnen sich.

Nach der Veröffentlichung im Netz kann der Autor direktes Feedback von Lesern bekommen. Er lernt sozusagen aus Reaktionen Anderer auf seine Sicht- und Darstellungsweisen. Direkte, konstruktive Kritik von nicht autoritärer Seite ist in der Lernpsychologie weithin als positiver Verstärker bekannt. Nicht das Lernen von Fakten nach dem Motto lerne dies von A bis Z, sonder das aktive Auseinandersetzten mit einer Thematik führt zum Lernziel. Während dieses ganzen Prozesses ist es sinnvoll einen Lehrer einzusetzen, der dem Lerner bei technischen Problemen zur Seite steht und ihm in seinem Denken und Schaffen hilft, jedoch nicht lenkt. Die Technik darf nicht im Mittelpunkt der Thematik stehen, sie soll nur das Mittel zum Zweck sein. Im Vordergrund steht also die Entwicklung der eigenen Kreativität, Ausdrucksfähigkeit und Kommunikationtionsfähigkeit.

4.1.4 Lernen durch webbasiertes Training

Das computerbasierte Training baut auf Softwareprodukten auf, die wie in Kapitel 3 näher beschrieben, in verschiedenen Arten umgesetzt sind. Übertragen auf das globale Netzwerk Internet hat sich in diesem Zusammenhang das WBT gebildet. Zu Beginn beschrieb dieser Begriff nur das Lernen von Informationen, die durch Hypertextform mit einigen Grafiken aufgelockert dargeboten wurden. Entspricht dies noch einem minimalen Grad an Interaktion und gehen die Möglichkeiten nicht weit über die eines herkömmlichen Buches hinaus, so ist es mittlerweile möglich, auf Grund neuer Techniken wie Java, JavaScript, CGI oder VRML weitaus mehr Leben in die Anwendungen zu bringen.

Mit der Entwicklung dieser neuen Techniken ist es nun möglich, jegliche Art der Lernsysteme auch auf Internetbasis zu implementieren. Einzig beschränkte Bandbreiten bereiten noch Probleme. Da diese neuen Techniken aber auch bewirkt haben, daß nicht notwendigerweise ein Webbrowser und somit die Webtechnologie zum Einsatz kommen muß, ist der Begriff des WBT etwas irreführend. Besser wäre es von internetbasiertem Training (IBT) zu sprechen.

Zu den aus dem CBT bekannten Möglichkeiten ergeben sich neue Perspektiven. Ist es doch jetzt möglich die Informationen in einer Aktualität und einem Umfang bereitzustellen, wie es zuvor zum Beispiel mit der CD-ROM nicht möglich war.

4.1.5 Die virtuelle Lehrstunde

In Projekten bereits erprobt, baut die virtuelle Lehrstunde auf dem Ansatz einer traditionell Lehreinheit auf, wie sie in einem Klassenzimmer oder Vorlesungssaal vorkommt. Um die Kommunikationsabläufe zwischen Lehrnern und Lehrer zu ermöglichen, sind einige technische Vorraussetzungen notwendig:

  • Whiteboard: Dieses ist ein Zeichenfeld, manchmal auch virtuelle Schultafel genannt, welches eine Schreibtafel zum Darstellen von Informationen (wie sie im Unterricht verwendet wird) nachbildet. Sowohl der Lehrer, als auch die Schüler müssen auf dieses Werkzeug zugreifen können. Dabei muß der Lehrer in der Lage sein den Zugriff der Schüler zu kontrollieren um einen geordneten Ablauf zu gewährleisten. Desweiteren muß in private (nur dem Lehrer und einem einzelnen Schüler zugängliche) und öffentliche (allen Schülern zugängliche) Whiteboards unterschieden werden.
  • Videoconferencing: Jeder Teilnehmer der Lehrstunde muß in der Lage sein alle anderen Teilnehmer in Ihrer tatsächlichen Gestalt zu sehen oder zumindest zu hören. Ein großer Teil der zwischenmenschlichen Kommunikation erhält erst durch Mimiken und Tonlagen der Stimme eine bestimmte Bedeutung. Neben entsprechender Bandbreite des Netzwerkes müssen hierzu Bild- und Tonverarbeitungsgeräte vorhanden sein.
  • Chatting: Über einen textuellen Kanal sind die Teilnehmer in der Lage kurze Textnachrichten an die anderen Teilnehmer zu senden bzw. von diesen zu empfangen.
  • Medienkanal: Über einen weiteren Kanal muß der Lehrer in der Lage sein, systemfremde Medien wie zum Beispiel Video oder Präsentationen aus einem Anwendungsprogramm in die laufende Lehrsitzung einzuspielen. Auf gleiche Weise kann der Schüler dann seine eigenen Arbeiten dem Lehrer zur Einsicht zukommen lassen.

Wurde in den bisher durchgeführten Projekten meist nur die Klassenzimmer Umgebung an einen entfernten Ort übertragen und den Teilnehmer dort die Möglichkeit gegeben über den Weg des Whiteboards an dem Unterricht interaktiv teilzunehmen, so ist die voll virtuelle Durchführung wegen fehlender Bandbreiten und geeigneter Tools bisher noch Fiktion.

Größtes Problem dürfte die Kontrolle des Ablaufes sein. Muß doch bei einer virtuellen Stunde der Lehrer möglichst auf jeden Schüler einzeln eingehen bzw. durch vernünftige Werkzeuge rechnerunterstützt die Abläufe verwalten. Aus dem Lehrer wird damit jedoch immer mehr ein Verwalter, seine Position als Wissensvermittler würde an Bedeutung verlieren.

Natürlich werden die Grenzen des klassischen Unterrichts gesprengt und neuen Lehrmethoden der Weg geebnetet. Es seien nur ländliche Gebiete wie beispielsweise in zentral USA erwähnt. Einem interessierten und intelligenten Schüler kann hier schulisch nicht das geboten werden, was er bräuchte, um seine Fähigkeiten entsprechend zu entwickeln. Positiv wirkt sich auch die erhöhte Aufmerksamkeit des Lerners aus, die notwendig ist, um einen geregelten Unterrichtsablauf zu gewährleisten.

Einzuordnen wäre diese Anwendung eher in den Bereichen des Konstruktivismus und Kognitivismus. Ganzheitlich versucht der Lerner nicht mehr bestimmte Verhaltensweisen nachzuahmen bzw. einzutrainieren um eine bestimmtes Verhalten seiner Umwelt zu bewirken, sondern er nimmt aktiv am Lehrgeschehen teil.

4.1.6 Die virtuelle Schule

Um es vorwegzunehmen, trotz widersprüchlicher Darstellungen und einigen realexistenten Ansätzen ist die virtuelle Schule heute noch Fiktion. Im folgenden wird deshalb beschrieben, wie eine solche Institution sinnvoll verwirklicht werden könnte.

Voraussetzung für eine Umsetzung der notwendigen Erfordernisse ist eine flächendeckende Netzinfrakstruktur mit ausreichend Bandbreite. Kosten für Telekommunikation werden zukünftig weniger ins Gewicht fallen, wie auch von Forschungsinstituten wie zum Beispiel Dataquest bereits vorausgesagt. Hierauf aufbauend ist es nun möglich, eine vollkommen Orts- und vielleicht auch zeitunabhängige Lehre aufzubauen.

Die virtuelle Schule würde alle bisher in diesem Kapitel beschriebenen Anwendungsgebiete des Internetlernens ermöglichen. Der Lerner kann sich angeleitet von der Schule seine eigenen Lernbereiche selbst zusammenstellen. Dies würde auch der Thematik des lebenslangen Lernen näherkommen. Informationen werden nicht mehr im voraus gelernt, sonder "on demand" aufgenommen. Also genau dann wenn sie benötigt werden. Eines der größten Probleme der Lehre und wesentlicher Kritikpunkt der Lerner ist das Lernen von unnötigen und später nicht mehr verwertbaren Informationen.

Daß alle verwaltungstechnischen Angelegenheiten ebenfalls Online abgewickelt werden versteht sich von selbst. Die Lehre entwickelt sich damit zu einer Serviceleistung. Für Serviceleistungen ist im Normalfall ein Entgelt zu entrichten. Ob dieses Entgelt von staatlicher Seite kommt, aus Ressourcen eines Unternehmens beglichen wird oder vom Lerner selbst aufgebracht werden muß, sei dahingestellt.

4.1.7 Eigenschaften

Anspruch auf Interaktivität

Unter 3.1 wurde die Interaktivität in drei Komplexitätsstufen unterteilt. Betrachtet man die in diesem Kapitel beschriebenen Anwendungen des Internets zum Lernen, dann lassen sie sich zumindest in die unterste Stufe, der passiven Interaktivität, einordnen. In jedem Falle bekommt der Benutzer (respektive Lerner) auf eine Aktion immer eine Reaktion. Auf Email oder Newsgroupnachrichten folgen Antworten oder Kommentare, durch Klicken eines Links auf einer WWWSeite wird eine weitere Seite mit Informationen zurück geliefert, ein publizierter Bericht bietet potientiell einem Leser die Möglichkeit des Kommentars in Form von Email. Generell wird das Internet mit seinen diversen Kategorien dem Anspruch auf Interaktivität gerecht.

Der Grad der Interaktivität ist dagegen weniger gesichert. Aktive und intelligente Interkativität ist schon bei den herkömmlichen CBTs oft nur in Ansätzen implementiert. In Anbetracht der Tatsache, daß IBTs eigentlich nur die Umsetzung von CBTs auf ein anderes Medium darstellen, ergeben sich die gleichen bekannten Probleme und Schwierigkeiten. Der Interaktivitätsanspruch verhält sich proportional zum Entwicklungsaufwand.

Effektivität

Zur Effizienz von Lernumgebungen im Internet gibt es derzeit noch keine detaillierten Forschungsergebnisse. Für die internetbasierten Lernsysteme läßt sich der Mangel auf einige Gründe zurückführen:

  • Fehlende Charakterisierung der Anwendungsbereiche: Das Lernen mit dem Internet ist zwar eine Weiterentwicklung der CBTs, so sind vernünftige Klassifizierungen, wie sie beispielsweise in [Bodendorf] für CBTs gemacht wurden, noch nicht vorhanden.
  • Allgemeine Zurückhaltung dem Medium Internet gegenüber: Außer theoretischen Besprechungen und Kongressen kommen aus der Lehrwissenschaft wenige praktische Anwendungen. Viele geben die mangelnde Reife des Internet und dort speziell die des WWW für den Einsatz als Lernumgebung als Hauptargument an. Auch wird die Kurzlebigkeit des Mediums kritisiert.
  • Fehlende realexistente Anwendungen: Wo nichts ist kann auch nichts untersucht werden. Wegen der allgemeinen Zurückhaltung, mangelnder Erfahrung mit der Technik, fehlenden Finanzmitteln und einer rasanten Neuentwicklung sind hochwertige Lernsysteme mit interaktiven und adaptiven Eigenschaften immer noch Mangelware bzw. nicht existent.

Jeder der mit sich mit dem Computerlernen genauer beschäftigt hat, sagt dem Internet einen Siegeszug als Medium für Lernumgebungen voraus. Ohne angemessene Fakten über die Wirksamkeit gegenüber bereits praktizierten Lernformen werden sich wohl kaum die notwendigen finanziellen Mittel aufbringen lassen, um dieses Medium zu propagieren. Erhebungen auf diesem Gebiet sind deshalb dringend notwendig.

Kostenaufwand

Nicht nur für die Entwicklung und Bereitstellung einer Lernumgebung ist der finanzielle Aufwand zu prüfen, auch für den Benutzer entstehen Kosten für die Schaffung der technischen Voraussetzungen. Die folgende Liste verschafft einen Überblick über die zu erwartenden Kosten. Es wird dabei nicht versucht exakte Aussagen über die Höhe zu machen, da zuviele Faktoren in die Kalkulation mit einfließen. Die Kostenhöhe wurde deshalb in keine, niedrig (ungefähr > 0 bis ca. 500 DM), mittel (ungefähr > 500 bis ca. 10.000 DM), hoch (> 10.000 bis ca. 500.000 DM) und sehr hoch (> 500.000 DM) differenziert.

Kostenübersicht für Benutzer- und Anbieterkosten Tabelle 1

©1997,T.Hofmann




Als Benutzer wird hier der Lerner selbst definiert. Der Anbieter ist eine Lerninstitution. Sie bietet die Möglichkeit zum verwalteten Lernen und notwendige WBTs im Netz an. Newsgroups und Email bzw. die meisten Angebote im WWW sind kostenfrei und deshalb in der Tabelle nicht mit berücksichtigt.

Realisierbarkeit

Folgende Übersicht gibt Aufschluß über die Realisierbarkeit der unter 4.1.1 bis 4.1.6 aufgezählten Anwendungen. Zu Grunde gelegt wird dabei der derzeitige Stand der Technik und vorhandenen Infrastruktur des Internets. Eine Verschiebung hin zur virtuellen Schule werden in geraumer Zeit sehr wahrscheinlich statt finden.

Übersicht der Lernformen im Internet Tabelle 2

©1997,T.Hofmann




Einordnung unter den Lernmethoden/ Lerntheorien

Wie auch schon die CBTs, so lassen sich auch die internetbasierten Anwendungen in das Lernthorie/Lernmodell-Diagramm aus Abbildung 5 einordnen. Auf eine Unterteilung der WBTs in das entsprechend angewendete Lernsystem soll verzichtet werden, da sie sich mit der unter 3.4 vorgenommenen Einordnung der CBTs überdeckt.

Hier anzumerken ist, daß der in der Abbildung 19 schraffiert gezeichnete Bereich des WBT zwar theoretisch machbar ist, aber noch keine Realisierung findet. Im Anbetracht der rasanten Entwicklung von sowohl Internet als auch Chiptechnologie im sogenannten SOHO-Bereich ist mit einer Erweiterung in diesem Bereich schon bald zu rechnen.

Die unter 4.1.5 und 4.1.6 beschriebene virtuelle Lehrstunde bzw. Schule wurde in der Einordnung nicht berücksichtigt, da in diesen Systemen auf Grund der Struktur alle Bereiche der Lernmodelle und Lerntheorien abgedeckt werden können.

  • Internetlernen und die Lernmethoden bzw. Lerntheorien.
  • Abbildung 19

    ©1997,T.Hofmann




    4.2 Genauere Betrachtung von Lernsysteme im WWW: das webbasierte Training

    In der folgendenen Betrachtung wird vorausgesetzt, daß die Möglichkeiten der WBTs in bestimmten Bereichen auch auf Intranets bzw. die lokale Anwendung von CD-ROM bzw. Diskette oder Festplatte anwendbar sind. Es wird nicht explizit darauf eingegangen werden. Wo es als sinnvoll erscheint, werden jedoch Anmerkungen gemacht.

    4.2.1 Ansichten

    Wurde bisher vom Internet als solches gesprochen, so wird jetzt der Bereich WBT explizit betrachtet werden. Gerade wegen der Popularität des WordWideWebs aufgrund seiner schier unergründlichen Menge an Informationen, der grafisch ansprechenden Aufbereitungsmöglichkeiten und den kommunikativen Eigenschaften auch für den normalen Anwender, bietet sich der Einsatz als Plattform für ein Lernsystem nach der Einordnung wie in Kapitel 3.2 beschrieben geradezu an.

    Auf die Eigenschaften Adaptivität, Interaktivität und den multimedialen Charakter muß wegen der Ähnlichkeit zum CBT nicht noch einmal explizit eingegangen werden. Gleiches gilt auch für die Funktionsweise der verschiedenen Systeme und das Phasenkonzept des Teachwareentwicklung. Abweichend von Kapitel 3 sind lediglich die notwendigen Werkzeuge bzw. Methoden, welche wegen des unterschiedlichen Übertragungsmediums zur Implementierung notwendig sind.

    4.2.2 Werkzeuge und Methoden zur Implementierung

    Für die Aufbereitung von Informationen, welche auf WWW-Techniken aufbauen, werden einige Werkzeuge bzw. Programmiersprachen benötigt. Je nach Art der Information bzw. Darbietungsweise sind diese mehr oder weniger geeignet, ist ihre Interaktivität mehr oder minder ausgeprägt. Eine Betrachtung auf Eignung ist deshalb angebracht.

    Lernsoftware mit HTML

    Beschreibung:

    Die Hypertextmarkuplanguage (HTML) ist eine Seitenbeschreibungssprache wie beispielsweise Postscript. Der Inhalt einer Seite kann aus Text und Grafiken bestehen. Außerdem können diese Informationseinheiten zu einem Strukturbaum verlinkt werden. Die Informationseinheiten sind seitenweise aufgebaut. Entsprechend schwer ist es, große Datenmengen übersichtlich darzubieten.

    Mit sogenannten Frametechniken, wobei das Browserfenster in verschiedene von einander unabhängige Bereiche aufgeteilt wird, läßt sich dieses Problem umgehen. In jedem getrennten Bereich wird jeweils eine Informationseinheit in Form eines HTML-Dokumentes dargestellt.

    Was die HTML-Sprache aber zum Grundstein für viele Anwendungen macht, ist die Möglichkeit, die Funktionalität durch das Einbetten von Programmobjekten zu erweitern. Diese Objekte können Sounddateien, JavaApplets oder Plugins sein.

    Interakativität:

    Die einfachste Stufe der Interaktivität wird schon dann verwirklicht, wenn mehrere Informationseinheiten mit Hyperlinks verbunden werden. Durch eine Aktion (anklicken des Links) erhält der Benutzer eine Reaktion (Anzeigen der verlinkten Seite).

    Produktivität:

    Die Entwicklung einer einfachen HTML-Seite ist schnell zu lernen. Als Grundwerkzeug taugt ein einfacher Texteditor, da das Dateiformat einer HTML-Seite in ASCII geschrieben wird. Für komplexere Anwendungen ist ein spezieller Editor mit WYSIWYG-Eigenschaften hilfreich. Große Datenmengen lassen sich aber wegen der Seitenorientierung nur umständlich verwalten.

    Besonderheiten:

    HTML-Dateien müssen nicht unbedingt von einem WebServer in den Browser geladen werden. Sie können auch von der lokalen Festplatte kommen. Das Offlinebearbeiten wird somit möglich und kann entscheidend zur Kostenreduzierung beitragen. Gleiches gilt für eingebettete Grafiken.

    Lernsoftware mit CGI (und HTML):

    Beschreibung:

    Eigentlich nicht ganz korrekt ist die Bezeichnung Lernsoftware in diesem Zusammenhang. CGI (CommonGatewayInterface) ermöglicht es, vom Benutzer gesammelte Daten an den Webserver zurück zu senden, welcher diese dann mittels eines Programmes auswertet und an den Browser (respektive Benutzer) ein entsprechendes Feedback zurückgibt. CGI ist also im eigentlichen Sinne ein Kommunikationsprotokoll. Es kann nur in Verbindung mit HTML eingesetzt werden.

    Interaktivität:

    Da es sich um eine Erweiterung von HTML handelt, die eine Bearbeitung von Daten erlaubt, erhöhen sich damit auch die Möglichkeiten der Interaktivität einer HTML-Seite.

    Produktivität:

    Für die Verarbeitung der gesendeten Daten muß auf Seite des Servers ein Programm ablaufen, welches das CGI unterstützt. Dies kann zum Beispiel ein PearlScript oder ein C-Programm sein. Je nach verwendeter Sprache kann es schwieriger oder leichter sein, eine entsprechende Applikation zu erstellen. Problematisch war bislang jedoch die fehlende Literatur zur Beschreibung dieses Interfaces.

    Besonderheiten:

    Die Anwendung der CGI-Technik verlangt eine Gegenstelle, einen sogenannten WebServer. Es ist daher nicht möglich eine Anwendung die mit CGI arbeitet auf einem System lokal ohne Internetverbindung auszuführen. Viele Systemadministratoren sehen in CGI ein entscheidendes Sicherheitsproblem für einen Internetserver. Daher werden die möglichen Funktionen eines CGI-Scripts meist beschnitten. Häufig sind somit nur einfache Zugriffszähler oder Scripte zur Email-Weiterleitung möglich.

    Lernsoftware mit JavaScript (und HTML):

    Beschreibung:

    Bei JavaScript (JS) handelt es sich, wie der Name schon sagt, um eine Scriptsprache. Der Sprachsyntax ist dem von Java angelehnt. Zur Ausführung wird aber im Gegensatz zu Java nur ein JavaScript-fähiger Browser benötigt, nicht jedoch ein 32bit Betriebssystem. Die Idee hinter JS ist es, die Fähigkeiten eines CGI-Scriptes, Benutzerreaktionen auszuwerten, vom Webserver auf die Browserseite zu übertragen. Das Script wird hierzu in den Kopf des HTML-Dokumentes eingebettet. Beim Laden der Seite bzw. beim aktivieren von Links oder Formularbuttons wird der Scriptcode gestartet und entsprechende Aktionen eingeleitet.

    Interaktivität:

    Die Interaktivität geht über die passive Stufe weit hinaus, durch JS sind auch aktive Reaktionen der Anwendung möglich.

    Produktivität:

    JavaScript ist eine sehr einfache Programmiersprache. Mit grundlegenden Programmierkenntnissen läßt sich diese Sprache innerhalb weniger Tage erlernen. Hinzukommt, daß eine Unzahl bereits bestehender Anwendungen im Internet zufinden sind, welche sowohl als Anschauungsbeispiel aber auch als Baustein für eigene Projekte dienen können.

    Besonderheiten:

    Die Möglichkeit JS Anwendungen Netzunabgängig auszuführen und die Einfachheit der Programmierung sind wichtige Eigenschaften, welche die sich nicht nur der Lernsoftwareprogrammierer zu Nutzen machen sollte. Ab Version 1.1 der Sprachbeschreibung sind außerdem Funktionen zur Fehlerbehandlung und für die Kommunikation zwischen Elementen auf einer Webseite implementiert.

    Lernsoftware mit JavaApplets (und HTML):

    Beschreibung:

    Applets sind kleine "Progämmchen", welche in einer HTML-Seite eingebettet sind. Sie ermöglichen es, Funktionalitäten der HTML-Sprache um die Fähigkeiten der Sprache JAVA zu erweitern. Die Kommunikation zwischen diesen Applets und HTML-Elementen, wie zum Beispiel Formularen, wurde allerdings erst richtig mit der Einführung der LiveConnect Technologie möglich, welche im Navigator - Browser der Firma Netscape integriert ist.

    Interaktivität:

    Da es sich bei Java um eine Hochsprache handelt, sind auch entsprechend interaktive Anwendungen möglich. Jedoch erst mit LiveConnect ist eine Verschmelzung mit HTML gewährleistet.

    Produktivität:

    Die Sprache Java ist eine objektorientierte Programmiersprache. Zwar ist der Sprachsyntax von Java an C++ angelehnt, jedoch ist gerade wegen der strengen Objektorientierung für den Programmierneuling der Einstieg schwer. Die Neuentwicklung einer Anwendung ist wie bei allen Programmiersprachen entsprechend zeitintensiv. Jedoch kann bei vernünftigem Einsatz der Objektorientierung ein großer Teil der Programmmodule für neue Anwendungen wiederverwendet werden.

    Besonderheiten:

    Auch JavaApplets können lokal ausgeführt werden. Allerdings kommt dann die standardmäßig implementierte Netzwerkfähigkeit von Java nicht zum Einsatz, was diese Programmiersprache im Verhältnis zu anderen Hochsprachen auszeichnet.

    Lernsoftware mit Plugins für Autorentools:

    Beschreibung:

    Plugins sind Programmmodule, welche die Fähigkeiten einer Browsersoftware erweitern. Dabei muß für das Darstellen der Pluginapplikation die Entsprechende Plugin-Software auf dem System installiert sein. Die Plugin-Applikation selbst wird in einer HMTL-Seite eingebettet.

    Für alle bedeutenden Autorentools sind mittlerweile Plugins erhältlich. Hervorzuheben ist hier das Shockwave Plugin für die Produktreihe der Firma Macromedia, die im Multimediabereich wegen innovativer Produkte marktführend ist. Ein Plugin ermöglicht es dem Autor einer Lernsoftware auf Basis dieser Produkte eine Applikation zu erstellen und dann ohne Konvertierung in eine Webseite einzubauen.

    Interaktivität:

    Es gelten hier die gleichen interaktiven Fähigkeiten wie schon unter 3.4.2 beschrieben.

    Produktivität:

    Neben der Autorensoftware muß lediglich die Implementierung in ein Plugin beherrscht werden. Die Schwierigkeit ist deshalb auch vom jeweiligen Werkzeug abhängig.

    Besonderheiten:

    Zwar sind Plugins generell auch lokal ausführbar, der Einsatz von CD-ROM ist dann jedoch wegen der einfacheren Verbreitung sinnvoller. Die Größe einer solchen Anwendung ist im Übrigen das derzeitige Hauptproblem. Trotz effektiver Kompremierungsmethoden und Verteilung in kleine Datenpackete sind mit Autorenwerkzeugen erstellte Anwendungen für Massenspeichermedien wie CD-ROM und nicht das schmalbandige Internet abgestimmt.

    Sonstige Werkzeuge

    In dieser Betrachtung wurden nur einige der wichtigsten Tools betrachtet. Standalone Applikationen auf Basis der Sprache Java wurden explizit nicht besprochen, da Sie in der Struktur einem JavaApplet ähnlich sind. Wesentlicher Unterschied, ist die Fähigkeit unabhängig von einer Browsersoftware mit dem Internet Daten austauschen zu können.

    Erwähnt werden soll auch Jamba, ein an Java angelehntes Entwicklungstool. Es bietet vorgefertigte Module zur multimedialen Aufbereitung von Daten an. Aus den entwickelten Applikationen wird dann Javacode kreiert, der in einer Webseite als Applet eingebunden werden kann. Für die Lernsoftwareentwicklung ohne viel Programmierkenntnisse ist Jamba ein hilfreiches Werkzeug. Nachteilig ist jedoch, daß der erzeuge Javacode bereits im Bytecode ist. Dadurch ist ein manuelles Editieren und Erweitern der Applikation nicht möglich, was auch die Erweiterbarkeit mittels LiveConnect einschränkt.

    Für die Darstellung von 3dimensionalen Welten hat sich die Beschreibungssprache VRML, die mittlerweile in der Version 2.0 vorliegt etabliert. Mittels VRML-Browser (der auch in einer HMTL-Seite eingebunden sein kann) navigiert der Benutzer in einem virtuellen Raum. Sowohl Hyperlinks als auch Java und JavaScript können mit dieser Technologie verwendet werden. Hauptanwendung findet VRML derzeit in der Visuallisierung komplexer Daten. Noch fehlende komfortable Editiertools erschweren jedoch die Entwicklung von umfangreichen Applikationen für die Lehre. VRML wird mit einfacheren Methoden für die Entwicklung und leistungsfähigeren Browsern in den nächsten Jahren an Bedeutung gewinnen und sich neben HTML als wichtigster Baustein für die Verbreitung von Daten im Internet etablieren.

    Für die Darstellung von multimedialen Daten haben sich außerdem noch einige wichtige Formate entwickelt, die hier nur der Vollständigkeit halber genannt sein sollen. Da wäre zum einen das von Apple entwickelte QuickTimeLayer mit den Formaten QuickTimeMovie, QuickTimeVR und QuickTimeAudio. Dann die von RealAudio entwickelten Technologien RealAudio und RealVideo und die von Netscape stammenden LiveTechnologien.

    4.2.3 Zusammenhang zwischen Lernsysteme und Webbased Training

    Die Abbildung unten stellt den Zusammenhang zwischen den Lernsystemarten und den jeweils am besten geeigneten Entwicklungstool bzw. Techniken für die Realisierung her. Die dunklen Balken kennzeichnen durch Überschneidung mit dem schattierten Kasten der Techniken zutreffende Bereiche. Ist der schattierte Kasten nur teilweise überdeckt, so stellt dies eine Teileignung dar.

  • Zuordnung der Entwicklungstechniken zu den Lernsystemarten
  • Abbildung 20

    ©1997,T.Hofmann




    Bei der Vorstellung der Techniken für das Authoring im WWW wurde schon auf die Produktivität kurz eingegangen. In Abbildung 21 wird eine Gegenüberstellung aller Techniken im Hinblick auf diesen Gesichtspunkt gezeigt. Dabei ist auch die Benutzerfreundlichkeit bei der Entwicklung und die Flexibilität für das Endprodukt beachtet worden. Die farbliche Zuweisung der einzelnen Punkte ist der Legende zu entnehmen. Der rot gestrichelte Bereich bezieht sich auf die erweiterte Produktivität durch die Wiederverwendung von bereits erstellten Programmteilen mit Hilfe der Objektorientierung der Sprache Java. Die erhöhte Produktivität fällt auch nur dann ins Gewicht, wenn Anwendungen gleichen Charakters entwickelt werden.

  • Merkmale von Autorenwerkzeugen für Internetlernsoftware
  • Abbildung 21

    ©1997,T.Hofmann




    Trotzt vorhandener Potentiale, ist gerade wegen des Fehlens geeigneter Tools für die Entwicklung von speziellen WBTs, der Erstellungsaufwand und damit der Kostenfaktor sehr groß. Neben den Werkzeugen fehlen auch Mechanismen, die datenbankähnlich das Unterrichtsmaterial verwalten können, wie das beispielsweise bei Autorenwerkzeugen der Fall ist und gerade bei größeren Datenmengen für die Integrität unerläßlich sind.

    4.3 Projekte zum Lernen mit dem Internet

    Für eine Liste mit interessanten Links und Quellen zum Thema Lernen mit dem Internet und zum computerbasierten Lernen im Allgemeinen, sei auf den Anhang verwiesen. Die folgenden beschriebenen Projekte dienen nur als Anschauung, wie Anwendungen des interaktiven Lernens mit dem Internet implementiert werden können bzw. bereits eingesetzt werden.

    4.3.1 Sprachen lernen im Tandemlernverfahren - Lernen durch Kommunikation

    Das International Email Tandem Network ist ein aus der Zusammenarbeit vieler Hochschulen verschiedener Länder entstandenes Projekt. Anfänglich noch eingeschriebenen Studenten vorbehalten, steht die Benutzung seit der Förderung durch die Kommission der Europäischen Union auch Lernern außerhalb der Hochschulen zur Verfügung.

    Idee des Sprachenlernens im Tandem ist es, durch die Zusammenarbeit von 2 Lernern verschiedener Muttersprache die Kenntnisse in der Sprache des Partners zu verbessern. Auf diesem Wege werden auch partnerschaftliches Verhalten und interkulturelles Verständnis verbessert.

    Um die Kommunikation in geregelte Bahnen zu leiten, wurde auf der Basis des Internets ein organisatorisches Netz aufgebaut. Das Netz besteht aus einer steigenden Anzahl von zweisprachigen Teilnetzen, in denen Sprachenlerner mit verschiedenen Muttersprachen zusammenarbeiten, um sich gegenseitig beim Lernen zu helfen. Zu jedem Teilnetz gehört:

    • der Zugriff auf die zentrale Tandempartner-Vermittlung
    • ein zweisprachiges Diskussionsforum, in dem Teilnehmer über alles Mögliche diskutieren und sich gegenseitig um Rat fragen können, sowie
    • eine Datenbank, aus der sich Teilnehmer Hilfstexte und Lehr- und Lernmaterial holen, in der sie aber auch selbst Dokumente wie z.B. landeskundliche Texte oder mit dem Partner zusammengestellte zweisprachige Informationen speichern können.

  • Website des International Email Tandem Network
  • 2 oder mehr Koordinatoren leiten jedes Teilnetz: sie helfen den Teilnehmern, moderieren die Diskussion im Forum, entscheiden über den Inhalt der Datenbank, richten neue Foren und Dienste ein usw. Für die Teilnahme muß ein Lerner mindestens über eine eigene Emailadresse verfügen, über welche die Kommunikation mit seinem Partner erfolgt bzw. die Teilnahme an Foren stattfindet. Um auf ein größeres Angebot an Informationen Zugriff zu bekommen, ist ein Zugang zum WWW-Service des Internets notwendig.

    Die Größe des Netzes hat trotz des späten Starts im Jahr 1993 ein globales Ausmaß angenommen. Die hohe Akzeptanz dieser Lehrmethode unter den Lernern ist auf die einfache und kostengünstige Benutzung zurück zuführen.

    Aufgrund der langjährigen Erfahrung der Gründer dieser Lernidee aus Nicht-Internetzeiten, ist die Realisierung durchdacht und effektiv. Das Tandem Network ist eine richtungsweisende Methode ohne übertriebene technische Anforderungen, interaktives Lernen mit dem Internet zu betreiben. Ausführliche Informationen zum International Email Tandem Network können unter der URL: http://www.slf.ruhr-uni-bochum.de/ gefunden werden.


    4.3.2 Tutorial für das Erlernen der Gebärdensprache - ein webbasiertes Training

  • Einstiegsbeispiel des Gebärdenkurses
  • Im Rahmen eines Seminars zum Thema Vernetzte multimediale Lernumgebungen erarbeiteten Studenten der Humboldt Universität Berlin in Gruppenarbeit einfache WBTs. Eine der Arbeiten hatte einen Kurs zum Erlernen der Gebärdensprache als Ziel. Durch Verwendung von Video und Standbildern soll dem visuellen Inhalt des Themas gerecht werden.

    Obwohl der Kurs nur einen geringen interaktiven Charakter aufweist ist das Thema durch eine übersichtliche Strukturierung und anschauliche Bilder informativ und lehrreich. Einzig eine Wissensabfrage wäre noch wünschenswert.

    Gerade die geringen Anforderungen an die Hardware und Bandbreite des Netzzugangs zeichnen diesen Kurs aus. Sicherlich könnte durch Java oder Plugins mit Autorensystemen mehr Interaktivität vermittelt werden, ob sich die Effektivität damit steigern würde bleibt jedoch zu bezweifeln.

    Auf der WebSite der Abteilung Pädagogik und Informatik der Humboldt Universität Berlin finden sich unter der Adresse http://www.educat.hu-berlin.de/kurse/ [Stand 03.05.1997] weiter Ergebnisse aus Seminararbeiten mit ähnlicher Struktur.

    4.3.3 Projekt Multimediales Lernen der Uni-Erlangen - das virtuelle Klassenzimmer

    Geleitet von Prof. Dr. Freimut Bodendorf wurde am Lehrstuhl für Wirtschaftsiformatik II der Universität Erlangen-Nürnberg das Projekt Multimedial-unterstützte Dezentralisierung von interdisziplinärer Lehre im Sommersemester 1994 gestartet. Zwei grundsätzliche Ziele wurden dabei verfolgt:

    • Realisierung eines Virtuellen Hörsaales für Vorlesungen und Übungen als Liveübertragung unter dem Gesichtspunkt des Distance Learning
    • Realisierung von Lectures on Demand, aufgezeichneten Vorlesungen, die in einem Highspeed Netzwerk zum Abruf zur Verfügung stehen.

    Im Rahmen der Projektlaufzeit wurden diverse Vorlesungen und Übungen von Nürnberg Live über Netzverbindungen auf Rechner in Erlangen übertragen. Mittels Whiteboard und Videokonferenzschaltungen war es den im entfernten Rechenzentrum sitzenden Studenten möglich, interaktiv in den Ablauf einzugreifen. Dabei konnten sich sowohl die Studenten als auch der Vortragende im Nürnberger Hörsaal, die in Erlangen anwesenden Studenten sehen und hören. Zusätzlich wurden die Vorlesungen aufgezeichnet und als "Lecture on demand" über WWW-Server angeboten.

    Abbildung 24 zeigt grob den Bildschirmaufbau des Übertragungsrechners. Links im Bild ist die Live Videoübertragung des Vortragenden zu sehen, darüber befindet sich ein Whiteboard für die direkte Interaktion der Lernenden. Eine Gruppe Lernender ist rechts unten in einer Videosequenz zu sehen. Gleich darüber zeigt eine in Grafik das Tafelbild. Der Ton wurde über den eingebauten Lautsprecher des Rechners ausgegeben, die Tonaufnahme erfolgte über im Raum verteilte Mikrophone.

    Die Resonanz von Seiten der Vortragenden war ebenso positiv wie die der Studenten. Auch das Projektteam war von den Ergebnissen und dem reibungslosen Ablauf im Bezug auf Technik begeistert. Trotz aller positiver Eindrücke wurden aber einige negative Stimmen laut. Hauptpunkte der Kritik waren:

  • Darstellung des Rechnerbildschirms eines Konferenzsystems
    • Wegen der Größe der anfallenden Datenmengen ist neben einer hohen Bandbreite des Übertragungsnetzes die Anforderung an die Hardware sehr groß.
    • Die Benutzung des verschiedenen Konferenztools ist noch nicht intuitiv genug um ohne Einarbeitungszeit benutzt werden zu können.
    • Die Qualität der übertragenen Video-Bilder läßt zum einen von der Auflösung und zum anderen von der Bildwiederholrate noch zu wünschen übrig.
  • Wegen der zuversichtlichen Ergebnisse des Modellversuches wird an einem weiteren Ausbau des Projektes gearbeitet. Umfassende Ergebnisse und Beschreibungen des konzeptionellen Aufbaus sowie die Ergebnisse einer unter den Teilnehmer durchgeführten Umfrage sind unter der URL: http://www.wi2.uni-erlangen.de/project/RTB-312/index-d.html zu finden. Außerdem stehen die aufgezeichneten Lectures on Demand für Interessierte bereit.

    4.3.4 Online Hochschule am Beispiel der Fernuni Hagen - die virtuelle Hochschule

    Die Fernuniversität Hagen hat ein Projekt der virtuellen Hochschule gestartet. Wie der Name Fernuniversität schon sagt, ist die Hagener Hochschule keine Hochschule im eigentlichen Sinne, in der Studenten regelmäßig Vorlesungen nachgehen. Vielmehr leben die Studenten teilweise weit entfernt und gehen neben Ihrem Studium einer Beschäftigung nach. Gelernt wird zu Hause, Praktika und Prüfungen werden in Blockeinheiten am Stammsitz der Hochschule selbst oder an einem kooperativen Institut durchgeführt. Schon seit geraumer Zeit kommen dabei auch CBTs auf CD-ROM für die Ausbildung zum Einsatz. Es lag also nahe, auch das neue Medium WWW und Internet für die Durchführung des Lehrablaufs heranzuziehen.

    Hierzu wurde das Projekt "Virtuelle Universität" ins Leben gerufen. Auf einer Website stehen dem Studenten verschiedene Angebote in Verbindung mit der Hochschule zur Verfügung. Neben aktuellen Nachrichten und Terminen, Übersichten zu Studieninhalten und Ablauf der Studiengänge gibt es auch die Möglichkeit grundlegende administrative Vorgänge, wie das Anmelden zu Vorlesungen abzuwickeln. Für den Austausch zwischen den Studenten wurde eine sogenannte Cafeteria geschaffen, in der es neben Messageboards auch Chatforen und Aktuelles zum studentischen Leben gibt. Zudem sind Links zum Opacverbund der Deutschen Bibliotheken für Literaturrecherchen in einem Bibliotheksbereich eingerichtet. Abgerundet wird das Angebot durch einen Shop, in dem nicht nur alle erhältlichen CBTs auf CD-ROM bestellt werden können, sondern auch einige direkt als eingebettetes Demo mit einem Plugin für Asymetix Toolbook ausprobiert werden können.

    Das Projekt befindet sich derzeit noch im Aufbau und konzentriert sich bislang auf die Unterstützung der Studenten bei Ihrer gegenwärtigen häuslichen Arbeit. Mit den online verfügbaren CBTs sind jedoch erste Ansätze in Richtung virtuelle Universität geschaffen. Vorteilhaft für den Erfolg dieses Projektes dürfe auch die Erfahrung der Hochschule Hagen im Zusammenhang mit der nicht ortsgebundenen Ausbildung sein.

    Ein Projekt, welches gespannt auf weitere Angebote hoffen läßt und auch in Zukunft Beachtung finden wird. Unter der URL: http://vus.fernuni-hagen.de/ ist die virtuelle Universität zu finden.

  • Titelbild der Website der Virtuellen Universität Hagen
  • 4.4 Gefahren, Probleme, Möglichkeiten und Visionen des Online-lernens

    Abschließend zu diesem Kapitel noch einige Anmerkungen zu den Gefahren, Möglichkeiten und Visionen des Online-lernens.

    Gefahren

    Häufigster Kritikpunkt der Gegner des Online-lernens ist die Gefahr der Vereinsamung des Lernenden. Durch die ausschließliche Kommunikation über das Medium Computer und Internet werden bisher erlernte Kommunikationsfähigkeiten allzu leicht verlernt. Es ist deshalb wichtig, daß für zukünftige virtuelle Schulen und Lehreinheiten gerade die zwischenmenschliche Verständigung durch Tools wie Videoconferencing unterstützt wird.

    Die derzeit relativ hohen Kosten für Aktivitäten im Internet lassen auch die Frage aufkommen, ob eine virtuelle Ausbildung nicht zu einem elitären Privileg verkommen wird. Nur wer über die finanziellen Mittel verfügt kann auch an der Ausbildung teilhaben. Bestätigt wird diese These durch die in den USA üblichen Gebühren für die Hochschulausbildung, wo heute schon nicht mehr jeder in der Lage ist, trotz Eignung einem Studium seiner Wahl nachzugehen.

    Außerdem ist die Qualität der Lehre nicht mehr gesichert. Da Quellen in einem weltweiten Netz nicht immer auf Ihre Richtigkeit hin geprüft werden können und Qualitätsmaßstäbe im Angesicht der Fülle an Informationen nur schwer anzuwenden sind, wird eine Monopolisierung durch eine zentrale Stelle notwendig werden. Ähnlich wie der Staat und die Länder heute die Ausbildung in gelenkten Bahnen zu regulieren versuchen, wird eine solche Regulierung für das Internet notwendig sein.

    Probleme

    Problematisch erscheint vor allem die noch immer sehr hohe Anforderung an das technische Wissen des Benutzers um überhaupt erst auf Angebote im Internet zugreifen zu können. Entscheidend wird also sein, den Zugriff auf Lernsoftware im Internet so einfach wie die Anwendung einer CD-ROM zu gestalten. Erst dann wird sich eine breite Anwenderschaft finden lassen.

    Auch der Mangel an der notwendigen Infrastruktur des Netzes im Bezug auf Erreichbarkeit und Bandbreite ist noch ein Kritikpunkt. Unter Betrachtung des raschen Wachstums des Internets und dem WorldWideWeb kann davon ausgegangen werden, daß in ca. 10 Jahren die Infrastruktur zu einem kostengünstigen Preis für den Anwender flächendeckend und mit ausreichend Bandbreite gegeben sein wird.

    Möglichkeiten

    Jetzt schon sind im Vergleich zu den existierenden CBTs Möglichkeiten wie vor allem der kommunikative Austausch mit anderen Lernern hervorzuheben. Nicht mehr das Erlebnis des Einzelnen soll im Vordergrund stehen, vielmehr der Austausch mit anderen Gleichgesinnten wird in den Mittelpunkt gerückt.

    Ist bei den CBTs das Betriebssystem durch das Entwicklungstool meist vorgegeben, so ist der systemübergreifende Ansatz der Internettechnologien in Hinblick auf Entwicklungskosten und möglicher Verbreitung zukunftsweisend.

    Visionen

    Zukünftig werden Schüler in der Lage sein, in einem virtuellen Klassenzimmer mit Gleichinteressierten aus verschiedenen Ländern und Kulturkreisen ein Thema zu bearbeiten. Das Sprachenlernen wird nicht mehr als theoretische und langweilige Pflichtaufgabe angesehen, sie wird am lebenden Beispiel interaktiv möglich sein. Lernende werden durch Simulationen in die Lage versetzt, so komplexe Zusammenhänge wie molekulare Strukturen mit anderen unter Anleitung eines Lehrers im 3dimensionalen Raum zu erkunden. Jegliches Buch das in einer Bibliothek dieser Welt steht wird online verfügbar sein. Ob in Schwarzafrika oder Mitteleuropa, die Möglichkeiten werden allen offenstehen, solange sie der englischen Sprache mächtig sind.