3. Lernsysteme

Der Versuch, die Lernmodelle auf die rechnergestützte Ausbildung zu übertragen führte zu verschiedenartigen Lernsystemen (auch Lernsoftware). Im folgenden Kapitel werden zuerst einige wichtige Charakteristiken der Lernsoftware erläutert. Anschließend wird eine mögliche Einteilung der Lernsysteme aufgezeigt und letztlich werden die unterschiedlichen Kategorien miteinander verglichen. Um eine Hilfestellung für die Planung zu geben, wird zum Ende der Planungsablauf allgemein gültig erläutert.

3.1 Eigenschaften

ADAPTIVITÄT

Die Anpassung der Lernumgebung an den Schüler durch Laufzeitmodellierung ist als Adaptivität definiert. Ebenso wie ein Privatlehrer sich auf die Stärken und Schwächen, die besonderen Bedürfnisse oder die Wünsche des Lernenden einstellt und seinen Unterricht darauf entsprechend auslegt, muß ein angepaßtes Lernsystem Informationen über persönlichen Eigenschaften eines Schülers sammeln. Aus diesen gesammelten Informationen wird dann die Auswahl, Präsentation und Abfrage des Lernstoffes bestimmt. Adaptive Systeme setzen hierzu den Einsatz wissensbasierter Methoden voraus.

Je nach Komplexität können Lernprogramme in Hinsicht auf Ihre Adaptivität in folgende drei Kategorien eingeteilt werden:

  • passive Adaptivität: dem Benutzer wird eine Reihe von Lerninhalten angeboten, er selbst entscheidet unter Berücksichtigung eigener Interessen den Lernweg; Einsatz eines passiven "Wenn-Dann"-Schemas; Autorenwerkzeuge, einfache Hypertextsysteme
  • aktive Adaptivität: das Programm entscheidet selbst auf Grund des anfänglich eingeschlagenen Weges und an Hand von Testfragen an den Benutzer, wie der weitere Lernweg aussehen soll; Einsatz eines aktiven "Wenn-Dann"-Schemas; moderne Autorenwerkzeuge, Programmiersprachen
  • intelligente Adaptivität: zur Laufzeit wird ein umfassendes Bild des Lernenden sowohl unter lernpsychologischen Gesichtspunkten als auch persönlichen Präferenzen generiert und ständig erweitert, auf Grund dieses Benutzerprofiles wird die Lernstoffdarbietung ausgelegt; Einsatz komplexer wissensbasierter Methoden; Programmiersprachen

Problematisch ist die Laufzeitmodellierung in Anbetracht der Privatsphäre des Benutzers. Ein Mißbrauch der gesammelten Daten muß durch geeignete Schutzmechanismen bzw. dezentralisierte Aufbewahrung gewährleistet sein.




INTERAKTIVITÄT

Das Schlagwort Interaktivität wird im Hinsicht auf die Lernsoftware unterschiedlich definiert. Allgemein wird als interaktiv bezeichnet, wenn Möglichkeiten gegeben sind, den Ablauf oder Inhalt der Präsentation von Informationen zu beeinflussen. Bei genauerer Betrachtung muß Interaktivität in verschiedene Komplexitätsstufen unterteilt werden.

  • passive Interaktivität: ein Lernsystem bietet dem Benutzer im Stile einer "Wenn-Dann"-Befehlssequenz Interaktion mit dem System selbst
  • aktive Interaktivität: die passive Interaktivität wird durch Aufzeichnen des Navigationsweges bzw. benutzerangepaßte Reflexionen erweitert, Bereiche der Adaptivität werden dabei abgedeckt
  • intelligente Interaktivtät: durch eine Simulation wird ein Teil der Wirklichkeit nachgebildet, das System liefert unter der Berücksichtigung aller relevanter Einflüsse auf die Reaktionen des Benutzers entsprechendes Feedback und paßt das System selbständig den neuen Bedingungen an

Je besser die Verwirklichung von Interaktivität bei einem Lernsystem gelingt (je höher die Komplexitätsstufe) , desto höher wird die Motivation bzw. Effektivität sein. Es darf dabei jedoch nicht vergessen werden, daß nicht jede Form der Interaktivität gleichermaßen für jeden Lehrnstoff geeignet ist.

MULTIMEDIAL

Multimedia, also der Einsatz verschiedener Medien, bezieht sich auf audio-visuelle Inhalte. Audio beschreibt dabei den Bereich der Sprachein- und ausgabe genauso wie die Wiedergabe von Musik oder Geräuschen. Dem Visuellen ist dagegen Animation, Film, "still image" und geschriebener Text untergeordnet.

Die Abstimmung der einzelnen Medien untereinander ist dabei sehr wichtig. Sie sollten sich ergänzen und nicht redundante Informationen darbieten. Redundanz kann das Lernen unter Umständen auch behindern. Indem der Benutzer die unterschiedlich kodierten Informationen erst mühsam koordinieren und zuordnen muß, wird die begrenzte Konzentration und Verarbeitungskapazität des Schülers unnötig beansprucht.

Die Lerntypen werden oft in Zusammenhang mit Multimedia genannt. Es handelt sich dabei um verschiedene Präferenzen eines Lerners bezüglich der Kodierung der Information. Dabei unterscheidet man grob in drei verschiedene Typen: visueller, audiophiler und geistiger Lerntyp. In der Realität zeigen sich Lerntypen als Ausprägung einer bestimmten Richtung.

Adaptiver-Interaktiver-Multimedialer-Mix

Es kommt die Frage auf, wie die einzelnen Eigenschaften im Zusammenhang stehen. Interaktivität und Adaptivität stehen in enger Beziehung. Nimmt die Adaptivität eines Systems zu, so nimmt die Interaktitivität laut Definition auch zwangsläufig zu. Abbildung 6 verdeutlicht dies grafisch. Zu gleich ist aber erkennbar, das eine Interaktives System nicht notwendigerweise adaptiv sein muß.

  • Zusammenhang Interaktivität und Adaptivität bei Lehrsystemen
  • Abbildung 6

    ©1997, T.Hofmann




    Der in der Grafik 6 angezeigte Wert von 100%iger Interkativität gepaart mit 100% Adaptivität ist nur ein theoretischer Wert, wie er selbst von einem realen Privatlehrer beim Frontalunterricht nicht erreicht werden kann. In [Bodendorf] wurde eine Plazierung verschiedener Lehrmethoden in Anbetracht der Flexibilität und Individualität in einem Koordinatensystem zu Grunde gelegt. In Abbildung 7 ist dieser Sachverhalt übertragen auf Interaktivität und Adaptivität dargestellt. Die schwarze Linie spiegelt den zuvor dargestellten idealen Zusammenhang zwischen Interaktivität und Adaptivität wieder.

  • Abhängigkeit der Interaktivität von der Adaptivität in Lehrsystemen
  • Abbildung 7

    ©1997, T.Hofmann




    Zwischen der multimedialen Kodierung, d.h. der Darbietung von Informationen mittels verschiedener Medien und der Adaptivität bzw. Interaktivität kann kein direkter Zusammenhang aufgestellt werden. Allerdings ist anzumerken, daß auf das Vorhandensein von Interaktivität und Adaptivität ein größerer Wert gelegt werden sollte. Multimediale Techniken wie Videos, Animationen und Sound sind geeignet um motivierend auf den Lerner zu wirken. Auch könne komplexe Zusammenhänge in bewegtem Bild besser veranschaulicht werden. Lernpsychologisch gesehen ist die Effektivität dieser Medien auf das Lernen selbst nicht statistisch gesichert.

    Als Grundsatz kann also festgelegt werden: Informationen sollten dem Lerner interaktiv vermittelt werden, wobei eine Lerneranpassung des Systems die Motivation und Lerneffizienz des Lerners erhöht. Audio-Visuelle Medien können eingesetzt werden um eine zusätzliche Motivation zu schaffen, dürfen aber nicht Mittel zum Zweck werden.

    3.2 Varianten der Lernsysteme

    Für eine genauere Betrachtung der verschiedenen Software-Typen ist eine Klassifizierung notwendig. In der Literatur werden die verschiedenen Lernapplikationen je nach Autor verschieden gruppiert. [Gibbs] unterteilt dabei die Software in 11 verschiedene Multimedia-Anwendungen, [Gloor] hingegen bezeichnet nur vier Kategorien. Der folgende Betrachtung wurde die Klassifizierung nach [Bodendorf] zu Grunde gelegt. Er unterscheidet grob in:

    • Hilfesysteme
    • Drill and Practice
    • Simulationen
    • Passive/Aktive Tutoren
    • Lernspiele
    • Problemlösungen

    Die Lehrsysteme werden unter folgenden 4 Gesichtspunkten vorgestellt:

    • Charakteristik: Eine kurze Erläuterung gibt Auskunft über Eigenschaften und Zielsetzungen des Systems.
    • Autorenwerkzeuge zur Erstellung: Hier werden kurz die Autorenwerkzeuge benannt, mit denen das Lehrsystem erstellt werden kann.
    • Beispiel: Beispiele sollen den Realitätsbezug herstellen und dem Leser zur Anschauung dienen.
    • Prinzipdarstellung: Eine Abbildung gibt eine prinzipielle Darstellung des Informationsflusses wieder. Auf eine detaillierte Beschreibung soll jedoch aus Platzgründen verzichtet werden.

    3.2.1 Hilfesysteme: Lernen durch Hinweise

    Charakteristik

    Die Aufgabe eines Hilfesystems liegt wie der Name schon sagt in der Bereitstellung von Informationen um Fragen des Benutzer bezüglich der Benutzung eines Systems zu beantworten. Der Zugang an die Informationen erfolgt meist über eine Menüstruktur bzw. durch Stichwortsuche im gesamten Informationsangebot. Als Lernziel wird das Verstehen und Beherrschen eines bestimmten Anwendungssystemes verfolgt. Derzeit sind Systeme dieses Typs noch überwiegend passiv. In einigen Ansätzen wird jedoch schon versucht aktive Hilfen zu entwickeln. Erreicht wird dies zum einen durch Mitprotokollieren des Benutzerverhaltens (es werden adaptive Eigenschaften implementiert), und der Auswertung dieses Protokolles und zum anderen durch natürlichsprachliche Kommunikation des Benutzers mit dem System.

    Werzeuge zur Erstellung

    Als Autorenwerkzeug werden Hilfecompiler verwendet. Dies sind Programme welche Dateien mit entsprechenden, teils programmiersprachlichen Syntax in eine allgemein anwendbare Hilfeanwendung mit besonderen Fähigkeiten umwandelt. Sollen Hilfesysteme mehr aktiven Charakter bekommen, werden Erweiterungen auf Basis von traditionellen Programmiersprachen mit eingebunden.

    Beispiel

    Ein gutes Beispiel für ein weithin bekanntes Hilfesystem ist die Windows-Hilfe des gleichnamigen Betriebssystems der Firma Microsoft. Der Benutzer wählt das Thema selbsttätig entweder aus einer Stichwortliste oder durch Objektbezug aus. In neueren Applikationen wird zudem versucht natürlichsprachliche Komponenten und Adaptivität mit einzubeziehen. Ersteres geschieht durch die Möglichkeit einfach Fragen an das System stellen zu können, woraufhin eine Auswahlliste mit möglichen Themen geboten wird.

    Prinzipdarstellung

  • Prinzip eines passiven Hilfesystems
  • Abbildung 8

    Quelle: [Bodendorf], S. 49, Abbildung 2.1-1








    Die gestrichelten Boxen sind optional und für ein Hilfesystem nicht notwendigerweise Bedingung.

    3.2.2. Drill and Practice: Lernen durch Übung

    Charakteristika

    Ein Basiswissen vorausgesetzt, stellt das System dem Benutzer Fragen um dieses Vorwissen einzuüben. Werden die gestellten Fragen nicht mit richtigen Antworten quittiert, wird meist zuerst eine Hilfestellung gegeben und schließlich die Musterlösung angezeigt. Das Schema Beantwortung, Auswertung, Feedback ist hier zu Grunde gelegt. Es erfolgt im Dialogablauf in gewisser Weise eine Umkehr des Ablauf wie er beim Hilfesystem vorzufinden ist. Es erfolgt keine Wissensvermittlung sondern eine Festigung bestehenden Wissens und eventuelles Ausfüllen von Wissenslücken. Diese Systeme können adaptiv sein, indem Sie beispielsweise abhängig von richtigen bzw. falschen Antworten Themen wiederholen, in neuer Weise darstellen oder einen entsprechenden Weg für die weitere Fragestellung einschlagen. Drill and Practice werden oft in Verbindung mit Tutorien oder Hilfesystemen eingesetzt.

    Werkzeuge zur Erstellung

    Sowohl Autorensysteme als auch Autorensprachen bieten entsprechende Gerüste um eine Lernsoftware dieser Art zu Erstellen. Programmiersprachen sind auf Grund Ihrer sequentiellen Abarbeitungsstruktur für diesen Typ geeignet.

    Beispiel

    Ein Testprogramm, welches die Kfz-Führerscheinprüfung "simuliert" ist ein typisches Beispiel. Um die Prüfung zu bestehen, muß sich der Schüler zuerst ein Basiswissen aneignen und dieses anschließend anhand vom Testfragebögen zu vertiefen. Auf dem Markt sind zu diesem Problem mehrere Lösungen mit multimedialer Unterstützung erhältlich. Auch hier wurde der Typ Drill and Practice mit dem Tutorium verknüpft.

    Prinzipdarstellung

  • Prinzip eines Trainingssystems
  • Abbildung 9

    Quelle: [Bodendorf], S. 55, Abbildung 2.3-1








    Die Abbildung zeigt das zirkuläre System des Frage-Antwort-Schemas bei Trainingssystemen.

    3.2.3 Simulation: entdeckendes Lernen

    Charakteristika

    Für die Verwirklichung einer Simulation wird ein mentales Modell eines realen Objektes oder Prozesses nachgebildet. Abhängig vom Modell bzw. Objekt resultieren verschiedenen Interakationsszenarien:

    • Objektmodell: Die Realität wird abgebildet, wie sie wirklich ist. Der Benutzer wird zum Betrachter oder eventuell zu einem Teil der simulierten Welt. Dem Benutzer wird eine Erfahrung des Realen in Form einer Simulation ermöglicht.
    • Prozeßmodell: Die Methoden "How-to-achieve" und "Was-wäre-wenn" werden in einer Simulation dem Benutzer zur Interaktion angeboten.
    • Aktionsmodell: Durch Kombination von Objektmodellen und Prozeßmodellen lassen sich komplexe Szenarien und Simulationen erschaffen, die sowohl Interaktivität als auch die Erfahrung durch den Benutzer zulassen.

    Werkzeuge zur Erstellung

    Für einfache Objektmodelle bieten sich Autorensysteme an. Sie bieten alle notwendigen Voraussetzungen um eine realitätsnahe Wiedergabe mit Hilfe von Multimedien zu ermöglichen. Die Prozeßmodelle können grundsätzlich mit Autorensystemen und Autorensprachen wiedergegeben werden. Für komplexere Aufgaben dürfte es jedoch an Flexibilität entscheidend mangeln. Für Aktionsmodelle ist der Einsatz von Programmiersprachen eigentlich Grundvorraussetzung. Hinzu kommen häufig technische Hilfsperipherien, wie zum Beispiel Datensichthelme, um das Gefühl der Realität zu steigern.

    Beispiel

    RedSun ist eine preisgekrönte Simulationssoftware, welche das Sonnensystem nachbildet und den Besucher zur aktiven Erforschung einlädt. Eine klassische Implementierung eines Objektmodelles.

    Die Softwarereihe SIM der Firma Broderbund ist ein sehr gutes Beispiel für Lernen am Prozeßmodell. In verschiedenen Szenenarien, vom Ameisenstaat bis hin zur Weltraumkolonie, kann der Benutzer die "Was-wäre-wenn" und "How-to-achieve"-Methode einsetzen, um mehr oder weniger erfolgreich die Simulation zu meistern.

    Für die Ausbildung von Piloten wird schon seit langem der Flugsimulator eingesetzt. Das Objektmodell Flugzeug wird mit dem Prozeßmodell Fliegen verknüpft und mittels aufwendiger Software und Hardware dem Benutzer als annähernd reales Erlebnis wiedergegeben.

    Prinzipdarstellung

  • Prinzip eines Simulationssystems
  • Abbildung 10

    Quelle: [Bodendorf], Seite 65, Abbildung 2.5-1





    Hauptbestandteil des Simulationssystemes ist der Kreislauf von Präsentation der Information über die Aktion des Benutzers hin zu einer Reaktion des Systems.

    3.2.4 Passiver/aktiver Tutor: selbstgesteuertes/angeleitetes Lernen

    Charakteristika

    Tutorien werden generell in passiv und aktiv unterteilt, wobei der Übergang fließend statt findet. Beiden gemeinsam ist die didaktische Aufbereitung des Lehrstoffes vor der Umsetzung zum Softwaresystem, wie es auch beim Lehrbuch stattfindet. Der Unterschied zum Lehrbuch besteht in der mehr oder weniger vorhandenen Unterstützung des Systems für den Lerner. Läßt sich das Lehrbuch nur von der ersten bis zur letzten Seite durchlesen (überblättern und zurückblättern von Seiten ist natürlich möglich), so wird diese unterste Stufe von allen Tutorien unterstützt.

    Je aktiver das System sich jedoch verhält, desto mehr wird es den Benutzer in der Steuerung des Lernweges unterstützen. Es nimmt also mit dem Grad des aktiven Leitens auch die Adaptivität des Systems zu. Im einzelnen gliedern sich die Stufen vom passiven zum aktiven Tutorial wie folgt:

    • Response Insensitive: Verzweigungen basieren allein auf der letzten Antwort des Benutzers.
    • Response Sensitive: Modell von der Stoffbeherrschung des Benutzers wird erstellt und entsprechende Verzweigungen eingeleitet.
    • Ideagraphic: Charakteristika wie Neigungen, Lerngewohnheiten, Alter und Vorbildung des Lernenden werden in den vorhergehenden Punkt mit einbezogen.
    • Studentenmodell: Aufbauden auf einem umfangreichen Modell des Lernenden werden individuelle Lernstrategien angeboten. Theoretisch liegt dann ein extrem hoher Grad an Adaptivität und Interaktivität vor, wie er nur von einem Privatlehrer geboten werden kann.

    Werkzeuge zur Erstellung

    Vor allem Autorensysteme mit Autorensprachen als Erweiterung werden zum Einsatz gebracht. Vorteil der Autorensysteme ist deren Fähigkeit Informationen in einer Datenbank bereitzuhalten und mittels eines entsprechenden Gerüstes diese an den Benutzer in tutorieller Weise weiterzugeben. Zusätzlich werden durch Autorensprachen Tutorien hin zu mehr (Inter)aktivität möglich.

    Hilfecompiler werden teilweise in Verbindung mit Programmiersprachen als Entwicklungssysteme verwendet. Nachteilig erweist sich hier bei einer einmaligen Entwicklung der erhöhte Zeitaufwand, da einzelne Funktionen erst programmiert werden müssen. Werden allerdings mehrere tutorielle Lernsysteme basierend auf schon programmierten Funktionsbibliotheken erstellt, kann das höhere Maß an Interaktionsmöglichkeiten die Nachteile aufwiegen.

    Beispiel

    Es sei an dieser Stelle auf das unter 3.2.2 aufgeführte Beispiel des Tests zur Führerscheinprüfung verwiesen.


    Prinzipdarstellung

  • Prinzip tutorieller Systeme
  • Abbildung 11

    Quelle: [Bodendorf], Seite 49, Abbildung 2.2-1


    Quelle: [Bodendorf], Seite 59, Abbildung 2.4-1








    passives

    tutorielles

    System









    aktives

    tutorielles

    System

    3.2.6 Spiel: unterhaltendes Lernen

    Charakteristika

    Das Computerspiel als Lernsystem ist der Simulation nicht unähnlich. Wesentlicher Unterschied ist das Vorhandensein eines zusätzlichen Motivators in Form einer Wettkampfsitutation und dem Unterhaltungswert für den Benutzer Was das Lernspiel vom herkömmlichen Computerspiel abhebt ist die Existenz eines didaktischen Konzeptes als Grundlage.

    Werkzeuge zur Erstellung

    Nachteile der Autorensysteme- und Sprachen zur Erstellung eines Lernspiels ist der Mangel an ausreichender Abarbeitungsgeschwindigkeit. Für bestimmte Anwendungen bleiben daher nur die Programmiersprachen als einzige Alternative.


    Beispiel

    Ein sehr schönes Lernspiel hat die Firma Interplay zum Erlernen des 10-Fingersystems produziert. Das Spiel mit dem Namen Mario Teaches Typing ist vor allem an jünger Benutzer gerichtet, wobei die von der Nintendo Spielkonsole bekannte Comicfigur Mario mit entsprechenden Tastaturanschlägen gesteuert wird. Clue bei der Sache ist, daß die Steuerung nur mit dem 10Fingersystem zu bewerkstelligen ist.

    Prinzipdarstellung

  • Prinzip eines Spielsystems
  • Abbildung 12

    Quelle: [Bodendorf], S. 68, Abbildung 2.6-1










    Das Spielsystem birgt einen Kreislauf im Kern, der die Richtung des Aktions-Reaktions-Ablauf bestimmt.

    3.2.7 Problemlösung: Learning by doing

    Charakteristika

    Der Lernende bearbeitet ein didaktisch aufbereitetes Problem schrittweise. Dem System wird in erhöhtem Grade Adaptivität und Interaktivität abverlangt. Für die Umsetzung auf Softwarebasis wurden aus realen Lernsituationen verschiedene Ansätze gewählt:

    • Synthetischer Ansatz: Das Ziel wird beschrieben und ein Baukasten mit Bauteilen und Instrumenten zur Verfügung gestellt. Der Lerner muß aus eigener Initiative zum vorgegebenen Ziel gelangen. Der Weg kann dabei sehr unterschiedlich ausfallen, bei Problemen sollte das System jedoch Hilfestellungen geben.
    • Analytischer Ansatz: Es wird ein Problem vorgegeben und der Lerner muß es durch Systematik und analytischen Verstand selbständig ergründen. Das System gibt zur Analyse notwendige Antworten und Hilfestellungen.

    Abgesehen von den Entwicklungskosten eines Learning-by-doing-Systems, stellt sich die Frage inwieweit eine computergestützte Ausbildung alle Bereiche des Wissens ausreichend abdecken kann. Auch die Entwickler eines solchen Systems sind nicht unfehlbar. Schlußfolgernd muß also festgestellt werden, daß der Lerner entweder über entsprechendes Basiswissen verfügen muß oder von einem real existenten Lehrer beaufsichtigt und unterstützt wird.

    Werkzeuge zur Erstellung

    Um nicht der Gefahr zu verfallen, ein starres Frage-Antwort-Muster dem Benutzer vorzugeben ist der Einsatz von komplexen Methoden notwendig. Diese Methoden lassen sich mit Autorensystemen, auch wenn sie über Autorenspracherweiterungen verfügen, nicht mehr verwirklichen. Zum einen fehlt entsprechender Befehlssatz um die notwendigen Algorithmen zu implementieren, und zum anderen liegen die Abarbeitungsgeschwindigkeit in für reale Anwendung nicht praktikablen Bereichen. Programmiersprachen, die auch die Einbindung von maschinennahem Programmcode zulassen sind hier besser geeignet und vorzuziehen.

    Beispiel

    In der medizinischen Diagnostik bestehen schon einige Versuchssysteme, die sich den analytischen Ansatz zu Nutze machen. Die Softwaresysteme sollen dem Arzt bei der Erkennung des Krankheitsbildes unterstützen und Ratschläge geben, wie eine optimale Versorgung gewährleistet ist.

    Prinzipdarstellung

  • Prinzip eines Problemlösungssystems
  • Abbildung 13

    Quelle: [Bodendorf], Seite 69, Abbildung 2.7-1







    Der Kreislauf charakterisiert die Reihenfolge der Kommunikation zwischen System und Benutzer, bis hin zur Problemlösung.

    3.3 Vergleich der Lernsysteme

    Nach der Einzelbetrachtung der Lernsysteme ist die Einordnung im Gesammtkontext bezüglich der Interaktivität, Komplexität, dem Zusammenhang mit den Lernmodellen/Theorien und der Effizient notwendig. Mit Hilfe von Diagrammen soll dies erleichtert werden:

    Interaktiv/Adaptiv

  • Einordnung der Lernsysteme in das Koordinatensystem aus 3.1
  • Abbildung 14

    Quelle: [Arbeitsgemeinschaft Lernmethodik], S.66, Abbildung 2




    Komplexität eines Systems

    Der hier angesprochene Grad der Komplexität bezieht sich auf die Implikationen bei der Entwicklung einer Anwendung des entsprechenden Types. Als Maßstab wurde die Simulation mit einem Maximum von 100% genommen. Dies trifft zum Beispiel für die Realisierung eines Flugsimulators zu.

  • Vergleich der Komplexität der Entwicklung verschiedener Lernsysteme
  • Abbildung 15

    ©1997, T.Hofmann












    Die Balken in der Abbildung zeigen die Relationen der Komplexität für die Entwicklung einer Lernsoftware.

    Systeme im Zusammenhang mit den Lernmodellen/Theorien

    Werden die Erkenntnisse der Kapitel 3.1 und 3.2 zusammengefaßt, so lassen sich die Lernsysteme in die Abbildung 5 aus Kapitel 2.4 einordnen und erhält damit die Abbildung 16. Es wird gezeigt, wie das Verhältnis der Lernsysteme gegenüber den Lerntheorien und Lernmodellen gelagert ist. Der Übersichtlichkeit wegen wurden die farblich gekennzeichneten Bereiche nicht ausgezogen.

  • Einordnung der Lernsysteme
  • Abbildung 16

    ©1997, T.Hofmann

     
     

    3.4 Planung eines Lernsystems

    3.4.1 Das Phasenkonzept der Teachwareentwicklung

    Die aus dem Software-Engineering bekannte Top-Down-Methode für die Realisierung eines Softwareprojektes läßt sich auch auf die Erstellung von computerunterstützten Lernsystemen übertragen. Es lassen sich 6 Phasen definieren, die wie Abbildung 17 zeigt, in direktem Zusammenhang zueinander stehen.

  • Phasenkonzept der Teachwareentwicklung
  • Abbildung 17

    Quelle: [Bodendorf], S. 76, Abbildung 3.1-1





















    Die Abbildung zeigt die Relation der einzelnen Phasen zueinander. Jeder Phase angeschlossen ist ein inhaltliches Ziel, welches verfolgt wird.

    Wie weiter zu sehen ist, wirken sich Ergebnisse einer Phase auch rückwirkend aus.

    Dies gilt besonders für die Evaluation des fertigen Produktes.

    Phase Zielanalyse

    In der ersten Phase steht an oberster Stelle die Definition der Projektziele und Inhalte. Im Einzelnen ist zu klären:

    • Inhaltsanalyse: Klärung der inhaltlichen Ziele und Informationen, die dem

    Benutzer vermittelt werden sollen

    • Zielgruppenanalyse: Einige wichtige Charakteristika der Zielgruppe sind

    zuklären

    Allgemeine Merkmale: Alter, Bildungsgrad, Lernmotivation

    Stoffbezogene Merkmale: Vorkenntnisse, Erfahrungen,

    fachliche Interessen,

    Medienbezogene Merkmale: Computererfahrung, Teach-wareerfahrung, Darstellungs-präferenzen

    • Bedarfsanaylse: ermitteln einer Marktübersicht über Lernsysteme, welche

    diesesThema behandeln, grundsätzliche Akzeptanz bzw.

    Bedarf durch Experten-gespräche, Gespräche mit Lernenden bestimmen

    Ergebnis dieser Phase ist die Lerninhalte und Lernziele des Kurses zu bestimmen.

    Phase Lösungskonzept

    Ausgehend von den Ergebnissen der ersten Phase wird ein Lösungskonzept gesucht. Grundlegend ist dabei zu definieren:

    • Welche Art Lernsystem soll verwendet werden? Aus den vorgestellten Arten muß ein für die Lerninhalte passendes System ausgewählt werden.
    • Wie sind die organisatorischen, personellen und hardwaretechnischen Rahmenbedingungen festegelegt? Für die Erstellung von Lernsoftware sind Fachkräfte verschiedener Wissensgebiete notwendig. Sowohl für die Programmierung und das Design, als auch den späteren Einsatz sind Hard- und Softwarevoraussetzungen zu klären.

    Ergebnis der Konzeptphase ist ein Pflichtenheft inklusive Projektplan.

    Phase Pädagogisches Design

    Das Pädagogische Design ist der nächste Schritt. Das Pflichtenheft zur Grundlage wird eine Umsetzung der dort aufgeführten Bedingungen und Richtlinien durchgeführt. Dabei wird zuerst ein Grobdesign mit entsprechenden Teilpunkten entworfen:

    • Welche Lernstrategien sollen eingesetzt werden? Im zentralen Mittelpunkt steht die Frage des "Wie?".
    • Modularisierung des Lernstoffes: Der Lernstoff muß in einzelne Informationshappen aufgegliedert werden, die in Ihrer Bearbeitungslänge zeitlich auf die Konzentrationsfähigkeit der Zielgruppe ausgelegt sind.
    • Erstellung eines Netzwerkes der modularisierten Lerneinheiten: Planung der zeitlichen und inhaltlichen Einordnung einzelner Lernmodule im Kontext zum gesamten Lehrstoffe.

    Anschließend an das Grobdesign wird genauer untersucht, wie sich der Unterrichtsstoff durch geeignete Präsentationsmethoden und -möglichkeiten darstellen läßt. Die Feinplanung enthält:

    • Definition der Art der Stoffdarbietung und Systemführung;
    • Motivatoren und Anreize zu höherer Aufmerksamkeit ausarbeiten;
    • Interaktion zwischen Lernendem und System bereitstellen;
    • Verwirklichung einer Lernkontrolle mit entsprechendem Feedback;

    Ergebnis ist ein Drehbuch, das Richtlinien für die technische Realisierung vor- und das Pflichtenheft konkret wiedergibt.

    Phase Technische Design

    Unter dem technischen Design versteht sich die praktische Umsetzung des Drehbuchs zur Software. Es ist abzuklären, welche Hardware als Plattform und welche Werkzeuge für die Umsetzung in Anspruch genommen werden. Gerade unter Berücksichtigung der technischen Möglichkeiten ist der Austausch zwischen den pädagogisch orientierten Designern der dritten Phase und den Entwicklern, welche für die Umsetzung des Drehbuchs verantwortlich sind, notwendig. Für die Realisierung sind folgende Gesichtspunkte entscheidend:

    • Computerhardware und Medienauswahl: Auswahl geeigneter Medien zur Bereitstellung des Lerangebotes sind ebenso notwendig wie die Auswahl der richtigen Rechnerplattform und des Betriebssystems.
    • Auswahl geeigneter Entwicklungswerkzeuge: Abhängig von Lernsystemart und dem Grad der Komplexität müssen entsprechend Autorensprachen, Programmiersprachen oder Autorensysteme ausgewählt werden.
    • Konkretisierung der Benutzerschnittstelle im ausgewählten Entwicklungswerkzeug: Basierend auf den Erkenntnissen der Softwareergonomie und des CAI-Designs werden Dialog- und Programmsteuerung entworfen.
    • Audio-Visueller Entwurf: Abhängig vom Betriebssytem und der Entwicklungsumgebung müssen Text, Grafiken, Videosequenzen und Sprach- bzw. Musikeinlagen gestaltet werden.
    • Testen eines Vorführsystems: Während der Programmierung werden Teile des Systems auf Funktionalität hin sowohl von Lernern als auch Lehrenden durchgeführt. Ergebnisse fließen wiederum in die Entwicklung mit ein.

    Ergebnis der vierten Phase ist ein Prototyp der Software.






    Phase Implementierung

    Basierend auf dem Prototypen entsteht in der vorletzten Phase ein marktfähiges Produkt. Abschließend sind folgende Implementierungen notwendig:

    • Aufbereitung von Anwenderhandbüchern und Bedienungsanleitung;
    • Implementierung auf verschiedenen Betriebssystemen;
    • Anpassung benötigter jedoch nicht unterstützter Peripheriegeräte;
    • Serienproduktion des kompletten Paketes;

    Ergebnis der Implementierung ist das markfähige Produkt.

    Phase Evaluation

    Nach dem Verkauf der Lernsoftware ist es notwendig, Erfahrungen und Arbeitsweisen der Benutzer mit dem Produkt zu erfassen. Dies kann zum einen durch Aufzeichnung des Benutzerverhaltens geschehen, natürlich unter Berücksichtigung des Datenschutzes, zum anderen durch Befragungen mittels Fragebögen und Interviews aber auch durch Mitprotokollieren der Fragen und Probleme welche dem Benutzersupport entgegengebracht werden. Interessant sind insbesondere:

    • Akzeptanz der Software: Ist der Lerner persönlich mit dem Produkt zufrieden? Wie ist die Einstellung des Lerners gegenüber dieser Lernform?
    • Nutzungsverhalten: Benutzt der Lerner die Software wie sie konzipiert war? Werden alle Möglichkeiten auch voll ausgenutzt?
    • Grad des Lernerfolgs: Ist die Software Effizient in ihrer Funktion? Werden die richtigen Lernziele vermittelt? Wurden die Lerninhalte vom Benutzer richtig aufgenommen?

    Ergebnisse dieser Auswertungen werden in zweierlei Form verwertet.

    • Ergebnisse fließen in überarbeitete Versionen und Teilupdates (soweit möglich) in das bestehende Produkt ein und werden auch dem bestehenden Kundenstamm angeboten.
    • Erkenntnisse fließen in Neuentwicklungen ein.

    Zusammenfassung

    Wie bei jedem anderen technischen und komplexen Produkt auch ist die geplante Vorgehensweise im Entwicklungsprozeß die einzige Möglichkeit, kontrolliert schwere Konzeptions- und Designfehler zu vermeiden. Auch ist nur auf diese Weise ein zeitlich begrenztes Projekt durchzuführen.

    Ob nun das beschriebene Top-Down Phasenkonzept zum Einsatz kommen muß, bleibt dahingestellt. Sicherlich bieten sich auch noch andere Planungsvarianten an, die in Ihrer Effektivität nicht minderwertig sind.

    Das vorgestellte Planungskonzept dient vielmehr dazu, dem Nichkundingen einen Leitfaden bei der Entwicklung eines Lernsystems zu geben. Aus diesem Grund sind die einzelnen Teilpunkte nicht zwingend, sondern beratend anzusehen. Einer Änderung bestimmter Abläufe steht ebenso wenig im Wege wie der Tatsache, daß in einem realen Projekt die einzelnen Stufen wohl eher überlagert als seriell bearbeitet werden. Wichtig ist jedoch die Kommunikation und das Feedback zwischen den einzelnen Phasen, um noch während der Entwicklung schweren Fehlern auf die Spur zukommen. Ist die Lernsoftware erst ausgeliefert, gestaltet sich eine Fehlerbehebung kostspielig und nur schwer durchführbar.

    3.4.2 Werkzeuge zur Erstellung von Teachware

    Zur Erstellung von Software werden traditionell Hochprogrammiersprachen wie C++ herangezogen, die sich vor allem durch Objektorientierung und hohe Verarbeitungsgeschwindigkeit auszeichnen. Für speziellere Anwendungen wie etwa das Datenbankinterfacedesign sind visuell orientierte Sprachen wie VisualBasic oder Delphi geeigneter, da hier notwendige Benutzerinterfaces in Form wiederverwendbarer Komponenten bereitstehen. Für die Entwicklung von Lernsystemen haben sich zusätzlich Autorensprachen und -systeme auf dem Markt etabliert. Eine genauer Betrachtung der Eignung und Einsatzgebiet der jeweiligen Entwicklungstools wird im Folgenden aufgezeigt:

    Programmiersprachen

    Programmiersprachen ermöglichen es auch komplexere Methoden zu verwirklichen, wie sie beispielsweise für wissensbasierte Systeme notwendig sind. Auch stehen mittlerweile Sprachen und Entwicklungsumgebungen zur Verfügung, die es ermöglichen die Benutzerschnittstelle rasch und unter Einbeziehung aller multimedialer Möglichkeiten zu gestalten. Als weiterer Vorteil ist die Objektorientierung vieler Sprachen zu nennen, wobei bestimmte Komponenten für neu Entwicklungen wiederverwertet werden können. Ein nicht zu vernachlässigender finanzieller Gesichtspunkt.

    Nachteilig erweist sich jedoch die Tatsache, daß die meisten Programmiersprachen in einem bestimmten Dialekt vorhanden sind und eine Portierung von einem Betriebssystem zum nächsten nicht oder nur sehr aufwendig zu verwirklichen ist. Daß es trotzdem möglich ist, mittels traditioneller Programmiersprachen anspruchsvolle und grafisch ansprechende Lernsysteme zu entwickeln, zeigen die vielen mit VisualBasic programmierten Anwendungen ebenso wie die wachsende Zahl an delphibasierenden Anwendungen.

    Autorensprachen

    Autorensprachen sind Programmiersprachen, die spezielle Anweisungen für die Entwicklung von Lernsystemen zur Verfügung stellen. Sie sind leichter zu erlernen als reine Programmiersprachen, jedoch wird damit auch eine geringere Flexibilität erkauft. Theoretisch lassen sich die traditionellen Programmiersprachen durch entsprechende Komponenten um die Funktionalität einer Autorensprache erweitern. Die Literatur ist in diesem Punkt allerdings nicht aufschlußreich und auch in anderen Bereichen konnte der Autor keine entsprechenden Anhaltspunkt auf die Existenz einer solchen Erweiterung finden.

    Dies gilt allerdings nicht für die andere Möglichkeit, ein Autorensystem mittels einer Autorensprache in der Flexibilität zu erweitern. Als Beispiel sei hier nur die Sprache Lingo genannt, welches in dem Produkt Director der Firma Macromedia implementiert ist.

    Autorensysteme

    Bei den Autorensystemen handelt es sich mehr oder minder um Baukästen, die verschiedene Bauteile anbieten, aus denen eine komplettes Tutorial erstellt werden kann. Der Großteil der Tools unterstützt dabei die gängigen multimedialen Formate. Zusätzlich sind einige wie bereits beschrieben um eine Autorensprache erweitert um die Flexibilität in der Entwicklung zu erweitern. Auch Mechanismen zur Benutzermodellierung sind zum Teil vorhanden.

    Entscheidender Vorteil der Autorensysteme ist die Plattformunabhängigkeit der Entwicklungsergebnisse. Da kein maschinenspezifischer Programmcode generiert wird, sondern die Informationen in eigenen bzw. plattformunabgängigen Dateiformaten gespeichert werden, ist die Übertragung auf ein anderes Betriebssystem oder eine andere Plattform leicht zu bewerkstelligen. Einfachstes Mittel ist die Bereitstellung eines sogenannten Runtimemoduls das auf dem jeweiligen Betriebssystem aufsetzt und systemspezifische Funktionen bereitstellt, welche zur Ausführung der Software notwendig sind.

    Gerade wenn es um die plattformübergreifende Entwicklung von multimedialen Anwendungen und Lernumgebungen geht, liegen die Autorensysteme klar im Vorteil. Für eine Übersicht bzw. detailierte Tests dieser Systeme sei auf diverse Fachartikel wie zum Beispiel [Beyer] verwiesen.

    Merkmale der Autorenwerkzeuge

    Wie bereits deutlich wurde, lassen sich über die vorgestellten Autorenwerkzeuge Aussagen über die Flexibilität, Produktivität und Benutzfreundlichkeit machen. Abbildung 18 zeigt in einem Koordinatensystem die schwerpunktmäßige Verteilung der Tools.

    Die Flexibilität bezieht sich auf die Möglichkeiten bei Umsetzung von Kursplänen zu Lernsoftware. Die Produktivität und Benutzerfreundlichkeit hingegen bezieht sich auf die direkte Entwicklungsgeschwindigkeit bzw. Einfachheit beim Erlernen und Benützen der Werkzeuge.

  • Merkmale von Autorenwerkzeugen
  • Abbildung 18

    Quelle: [Bodendorf], S. 79, Abbildung 3.2-1




    3.4.3 Personelle Kriterien, Zeitplanung, Kosten

    Die wirtschaftlichen Faktoren Personal, Zeit und Kosten sind für den finanziellen Erfolg einer Software entscheidend. Auch wenn ein Produkt sich auf dem Markt sehr gut verkauft oder der Kunde mit der Einzelentwicklung zufrieden ist, hilft dies dem Projekt insgesamt wenig, wenn die ökonomischen Kriterien nicht stimmen.

    Im Zusammenhang mit dieser Arbeit kann leider nicht im Einzelnen auf diese Thema eingegangen werden, auch wenn es dem Autor als sehr wichtig erscheint. Es sei daher auf [Bodendorf] und [Schulmeister] verwiesen, die sich mit diesem Thema ausführlich beschäftigen.

    Um einen kleinen Einblick über die Bedeutung dieses Themas zu geben, sollen einige Zahlen kurz erläutert werden:

    • Zeitliche Planung: Nach Untersuchungen ergibt sich für die Erstellung einer Stunde computerbasiertem Unterricht eine Arbeitszeit von 250-500 Mannstunden. Dies verteilt sich auf die einzelnen an der Produktion beteiligten Person. Die Zahlen 250-500 sind abgängig von der Komplexität der Software, der Erfahrung der Entwickler selbst und der Erfahrung der Entwickler miteinander im Team.
    • Personelle Planung: Für größere Softwareentwicklungen ist das Hinzuziehen von Spezialisten für bestimmte Aufgaben unvermeidlich. Ein pädagogischer Berater oder Entwickler für das pädagogische Design, ein Programmierer für die Softwareentwicklung, Multimedia Designer für die audio-visuelle Aufbereitung, Personal für Verwaltungstätigkeiten, die Liste ließe sich noch weiter fortsetzen. Obwohl für kleinere Produkte möglich, ist eine Alleinentwicklung immer mit Nachteilen verbunden. Der Entwickler ist dann meist ein Pädagoge mit Design- und Programmierkenntnissen, ein Programmierer mit pädagogischen Fachwissen und Designfähigkeiten oder ein Designer mit Programmier- und Pädagogikkenntnisse. Welche Kombination auch immer, ein bestimmter Bereich wird in jedem Fall vernachlässigt werden, was in keiner Weise befriedigend ist und sich auf die Effizienz nur nachteilig auswirkt.
    • Kostenplanung: Wie aus dem Zeitaufwand und den personellen Erfordernissen ersichtlich, sind Entwicklungskosten in sechsstelliger Höhe schnell erreicht. Vergessen werden darf natürlich auch nicht der Kostenanteil für Betriebsmittel, die auf die Personalkosten noch aufgeschlagen werden müssen.

    Man erkennt leicht, weshalb besonders die klassischen Softwarehersteller wie Microsoft, aber auch große Buchverlage in das Geschäft mit der Lernsoftware eingestiegen sind. Ausgestattet mit entsprechendem KnowHow bzw. Fachkräften der einzelnen Sachgebiete der Lernsystementwicklung, umfassenden Erfahrungen in der Software- und Multimediaentwicklung und etablierten Vertriebswegen ist eine Entwicklung in einem Umfang möglich, wie sie von einem kleineren Unternehmen nur ansatzweise verwirklicht werden können.