3.
Lernsysteme Der Versuch, die Lernmodelle auf die rechnergestützte Ausbildung zu übertragen führte zu verschiedenartigen Lernsystemen (auch Lernsoftware). Im folgenden Kapitel werden zuerst einige wichtige Charakteristiken der Lernsoftware erläutert. Anschließend wird eine mögliche Einteilung der Lernsysteme aufgezeigt und letztlich werden die unterschiedlichen Kategorien miteinander verglichen. Um eine Hilfestellung für die Planung zu geben, wird zum Ende der Planungsablauf allgemein gültig erläutert. ADAPTIVITÄT Die Anpassung der Lernumgebung an den Schüler durch Laufzeitmodellierung ist als Adaptivität definiert. Ebenso wie ein Privatlehrer sich auf die Stärken und Schwächen, die besonderen Bedürfnisse oder die Wünsche des Lernenden einstellt und seinen Unterricht darauf entsprechend auslegt, muß ein angepaßtes Lernsystem Informationen über persönlichen Eigenschaften eines Schülers sammeln. Aus diesen gesammelten Informationen wird dann die Auswahl, Präsentation und Abfrage des Lernstoffes bestimmt. Adaptive Systeme setzen hierzu den Einsatz wissensbasierter Methoden voraus. Je nach Komplexität können Lernprogramme in Hinsicht
auf Ihre Adaptivität in folgende drei Kategorien
eingeteilt werden:
Problematisch ist die Laufzeitmodellierung in Anbetracht der Privatsphäre des Benutzers. Ein Mißbrauch der gesammelten Daten muß durch geeignete Schutzmechanismen bzw. dezentralisierte Aufbewahrung gewährleistet sein.
INTERAKTIVITÄT Das Schlagwort Interaktivität wird im Hinsicht auf
die Lernsoftware unterschiedlich definiert. Allgemein
wird als interaktiv bezeichnet, wenn Möglichkeiten
gegeben sind, den Ablauf oder Inhalt der Präsentation
von Informationen zu beeinflussen. Bei genauerer
Betrachtung muß Interaktivität in verschiedene
Komplexitätsstufen unterteilt werden.
Je besser die Verwirklichung von Interaktivität bei
einem Lernsystem gelingt (je höher die
Komplexitätsstufe) , desto höher wird die Motivation
bzw. Effektivität sein. Es darf dabei jedoch nicht
vergessen werden, daß nicht jede Form der
Interaktivität gleichermaßen für jeden Lehrnstoff
geeignet ist. MULTIMEDIAL Multimedia, also der Einsatz verschiedener Medien, bezieht sich auf audio-visuelle Inhalte. Audio beschreibt dabei den Bereich der Sprachein- und ausgabe genauso wie die Wiedergabe von Musik oder Geräuschen. Dem Visuellen ist dagegen Animation, Film, "still image" und geschriebener Text untergeordnet. Die Abstimmung der einzelnen Medien untereinander ist dabei sehr wichtig. Sie sollten sich ergänzen und nicht redundante Informationen darbieten. Redundanz kann das Lernen unter Umständen auch behindern. Indem der Benutzer die unterschiedlich kodierten Informationen erst mühsam koordinieren und zuordnen muß, wird die begrenzte Konzentration und Verarbeitungskapazität des Schülers unnötig beansprucht. Die Lerntypen werden oft in Zusammenhang mit
Multimedia genannt. Es handelt sich dabei um verschiedene
Präferenzen eines Lerners bezüglich der Kodierung der
Information. Dabei unterscheidet man grob in drei
verschiedene Typen: visueller, audiophiler und geistiger
Lerntyp. In der Realität zeigen sich Lerntypen als
Ausprägung einer bestimmten Richtung. Adaptiver-Interaktiver-Multimedialer-Mix Es kommt die Frage auf, wie die einzelnen
Eigenschaften im Zusammenhang stehen. Interaktivität und
Adaptivität stehen in enger Beziehung. Nimmt die
Adaptivität eines Systems zu, so nimmt die
Interaktitivität laut Definition auch zwangsläufig zu.
Abbildung 6 verdeutlicht dies grafisch. Zu gleich ist
aber erkennbar, das eine Interaktives System nicht
notwendigerweise adaptiv sein muß.
Der in der Grafik 6 angezeigte Wert von 100%iger
Interkativität gepaart mit 100% Adaptivität ist nur ein
theoretischer Wert, wie er selbst von einem realen
Privatlehrer beim Frontalunterricht nicht erreicht werden
kann. In [Bodendorf] wurde eine Plazierung verschiedener
Lehrmethoden in Anbetracht der Flexibilität und
Individualität in einem Koordinatensystem zu Grunde
gelegt. In Abbildung 7 ist dieser Sachverhalt übertragen
auf Interaktivität und Adaptivität dargestellt. Die
schwarze Linie spiegelt den zuvor dargestellten idealen
Zusammenhang zwischen Interaktivität und Adaptivität
wieder.
Zwischen der multimedialen Kodierung, d.h. der Darbietung von Informationen mittels verschiedener Medien und der Adaptivität bzw. Interaktivität kann kein direkter Zusammenhang aufgestellt werden. Allerdings ist anzumerken, daß auf das Vorhandensein von Interaktivität und Adaptivität ein größerer Wert gelegt werden sollte. Multimediale Techniken wie Videos, Animationen und Sound sind geeignet um motivierend auf den Lerner zu wirken. Auch könne komplexe Zusammenhänge in bewegtem Bild besser veranschaulicht werden. Lernpsychologisch gesehen ist die Effektivität dieser Medien auf das Lernen selbst nicht statistisch gesichert. Als Grundsatz kann also festgelegt werden:
Informationen sollten dem Lerner interaktiv
vermittelt werden, wobei eine Lerneranpassung des Systems
die Motivation und Lerneffizienz des Lerners erhöht.
Audio-Visuelle Medien können eingesetzt werden um
eine zusätzliche Motivation zu schaffen, dürfen aber
nicht Mittel zum Zweck werden. Für eine genauere Betrachtung der verschiedenen
Software-Typen ist eine Klassifizierung notwendig. In der
Literatur werden die verschiedenen Lernapplikationen je
nach Autor verschieden gruppiert. [Gibbs] unterteilt
dabei die Software in 11 verschiedene
Multimedia-Anwendungen, [Gloor] hingegen bezeichnet nur
vier Kategorien. Der folgende Betrachtung wurde die
Klassifizierung nach [Bodendorf] zu Grunde gelegt. Er
unterscheidet grob in:
Die Lehrsysteme werden unter folgenden 4
Gesichtspunkten vorgestellt:
3.2.1
Hilfesysteme: Lernen durch Hinweise Charakteristik Die Aufgabe eines Hilfesystems liegt wie der Name
schon sagt in der Bereitstellung von Informationen um
Fragen des Benutzer bezüglich der Benutzung eines
Systems zu beantworten. Der Zugang an die Informationen
erfolgt meist über eine Menüstruktur bzw. durch
Stichwortsuche im gesamten Informationsangebot. Als
Lernziel wird das Verstehen und Beherrschen eines
bestimmten Anwendungssystemes verfolgt. Derzeit sind
Systeme dieses Typs noch überwiegend passiv. In einigen
Ansätzen wird jedoch schon versucht aktive Hilfen zu
entwickeln. Erreicht wird dies zum einen durch
Mitprotokollieren des Benutzerverhaltens (es werden
adaptive Eigenschaften implementiert), und der Auswertung
dieses Protokolles und zum anderen durch
natürlichsprachliche Kommunikation des Benutzers mit dem
System. Werzeuge zur Erstellung Als Autorenwerkzeug werden Hilfecompiler verwendet.
Dies sind Programme welche Dateien mit entsprechenden,
teils programmiersprachlichen Syntax in eine allgemein
anwendbare Hilfeanwendung mit besonderen Fähigkeiten
umwandelt. Sollen Hilfesysteme mehr aktiven Charakter
bekommen, werden Erweiterungen auf Basis von
traditionellen Programmiersprachen mit eingebunden. Beispiel Ein gutes Beispiel für ein weithin bekanntes Hilfesystem ist die Windows-Hilfe des gleichnamigen Betriebssystems der Firma Microsoft. Der Benutzer wählt das Thema selbsttätig entweder aus einer Stichwortliste oder durch Objektbezug aus. In neueren Applikationen wird zudem versucht natürlichsprachliche Komponenten und Adaptivität mit einzubeziehen. Ersteres geschieht durch die Möglichkeit einfach Fragen an das System stellen zu können, woraufhin eine Auswahlliste mit möglichen Themen geboten wird. Prinzipdarstellung
3.2.2. Drill
and Practice: Lernen durch Übung Charakteristika Ein Basiswissen vorausgesetzt, stellt das System dem
Benutzer Fragen um dieses Vorwissen einzuüben. Werden
die gestellten Fragen nicht mit richtigen Antworten
quittiert, wird meist zuerst eine Hilfestellung gegeben
und schließlich die Musterlösung angezeigt. Das Schema
Beantwortung, Auswertung, Feedback ist hier zu Grunde
gelegt. Es erfolgt im Dialogablauf in gewisser Weise eine
Umkehr des Ablauf wie er beim Hilfesystem vorzufinden
ist. Es erfolgt keine Wissensvermittlung sondern eine
Festigung bestehenden Wissens und eventuelles Ausfüllen
von Wissenslücken. Diese Systeme können adaptiv sein,
indem Sie beispielsweise abhängig von richtigen bzw.
falschen Antworten Themen wiederholen, in neuer Weise
darstellen oder einen entsprechenden Weg für die weitere
Fragestellung einschlagen. Drill and Practice werden oft
in Verbindung mit Tutorien oder Hilfesystemen eingesetzt.
Werkzeuge zur Erstellung Sowohl Autorensysteme als auch Autorensprachen bieten
entsprechende Gerüste um eine Lernsoftware dieser Art zu
Erstellen. Programmiersprachen sind auf Grund Ihrer
sequentiellen Abarbeitungsstruktur für diesen Typ
geeignet. Beispiel Ein Testprogramm, welches die
Kfz-Führerscheinprüfung "simuliert" ist ein
typisches Beispiel. Um die Prüfung zu bestehen, muß
sich der Schüler zuerst ein Basiswissen aneignen und
dieses anschließend anhand vom Testfragebögen zu
vertiefen. Auf dem Markt sind zu diesem Problem mehrere
Lösungen mit multimedialer Unterstützung erhältlich.
Auch hier wurde der Typ Drill and Practice mit dem
Tutorium verknüpft. Prinzipdarstellung
3.2.3
Simulation: entdeckendes Lernen Charakteristika Für die Verwirklichung einer Simulation wird ein
mentales Modell eines realen Objektes oder Prozesses
nachgebildet. Abhängig vom Modell bzw. Objekt
resultieren verschiedenen Interakationsszenarien:
Werkzeuge zur Erstellung Für einfache Objektmodelle bieten sich Autorensysteme
an. Sie bieten alle notwendigen Voraussetzungen um eine
realitätsnahe Wiedergabe mit Hilfe von Multimedien zu
ermöglichen. Die Prozeßmodelle können grundsätzlich
mit Autorensystemen und Autorensprachen wiedergegeben
werden. Für komplexere Aufgaben dürfte es jedoch an
Flexibilität entscheidend mangeln. Für Aktionsmodelle
ist der Einsatz von Programmiersprachen eigentlich
Grundvorraussetzung. Hinzu kommen häufig technische
Hilfsperipherien, wie zum Beispiel Datensichthelme, um
das Gefühl der Realität zu steigern. Beispiel RedSun ist eine preisgekrönte Simulationssoftware, welche das Sonnensystem nachbildet und den Besucher zur aktiven Erforschung einlädt. Eine klassische Implementierung eines Objektmodelles. Die Softwarereihe SIM der Firma Broderbund ist ein sehr gutes Beispiel für Lernen am Prozeßmodell. In verschiedenen Szenenarien, vom Ameisenstaat bis hin zur Weltraumkolonie, kann der Benutzer die "Was-wäre-wenn" und "How-to-achieve"-Methode einsetzen, um mehr oder weniger erfolgreich die Simulation zu meistern. Für die Ausbildung von Piloten wird schon seit langem
der Flugsimulator eingesetzt. Das Objektmodell Flugzeug
wird mit dem Prozeßmodell Fliegen verknüpft und mittels
aufwendiger Software und Hardware dem Benutzer als
annähernd reales Erlebnis wiedergegeben. Prinzipdarstellung
3.2.4
Passiver/aktiver Tutor: selbstgesteuertes/angeleitetes
Lernen Charakteristika Tutorien werden generell in passiv und aktiv unterteilt, wobei der Übergang fließend statt findet. Beiden gemeinsam ist die didaktische Aufbereitung des Lehrstoffes vor der Umsetzung zum Softwaresystem, wie es auch beim Lehrbuch stattfindet. Der Unterschied zum Lehrbuch besteht in der mehr oder weniger vorhandenen Unterstützung des Systems für den Lerner. Läßt sich das Lehrbuch nur von der ersten bis zur letzten Seite durchlesen (überblättern und zurückblättern von Seiten ist natürlich möglich), so wird diese unterste Stufe von allen Tutorien unterstützt. Je aktiver das System sich jedoch verhält, desto mehr
wird es den Benutzer in der Steuerung des Lernweges
unterstützen. Es nimmt also mit dem Grad des aktiven
Leitens auch die Adaptivität des Systems zu. Im
einzelnen gliedern sich die Stufen vom passiven zum
aktiven Tutorial wie folgt:
Werkzeuge zur Erstellung Vor allem Autorensysteme mit Autorensprachen als Erweiterung werden zum Einsatz gebracht. Vorteil der Autorensysteme ist deren Fähigkeit Informationen in einer Datenbank bereitzuhalten und mittels eines entsprechenden Gerüstes diese an den Benutzer in tutorieller Weise weiterzugeben. Zusätzlich werden durch Autorensprachen Tutorien hin zu mehr (Inter)aktivität möglich. Hilfecompiler werden teilweise in Verbindung mit
Programmiersprachen als Entwicklungssysteme verwendet.
Nachteilig erweist sich hier bei einer einmaligen
Entwicklung der erhöhte Zeitaufwand, da einzelne
Funktionen erst programmiert werden müssen. Werden
allerdings mehrere tutorielle Lernsysteme basierend auf
schon programmierten Funktionsbibliotheken erstellt, kann
das höhere Maß an Interaktionsmöglichkeiten die
Nachteile aufwiegen. Beispiel Es sei an dieser Stelle auf das unter 3.2.2
aufgeführte Beispiel des Tests zur Führerscheinprüfung
verwiesen. Prinzipdarstellung
3.2.6 Spiel:
unterhaltendes Lernen Charakteristika Das Computerspiel als Lernsystem ist der Simulation
nicht unähnlich. Wesentlicher Unterschied ist das
Vorhandensein eines zusätzlichen Motivators in Form
einer Wettkampfsitutation und dem Unterhaltungswert für
den Benutzer Was das Lernspiel vom herkömmlichen
Computerspiel abhebt ist die Existenz eines didaktischen
Konzeptes als Grundlage. Werkzeuge zur Erstellung Nachteile der Autorensysteme- und Sprachen zur
Erstellung eines Lernspiels ist der Mangel an
ausreichender Abarbeitungsgeschwindigkeit. Für bestimmte
Anwendungen bleiben daher nur die Programmiersprachen als
einzige Alternative. Beispiel Ein sehr schönes Lernspiel hat die Firma Interplay
zum Erlernen des 10-Fingersystems produziert. Das Spiel
mit dem Namen Mario Teaches Typing ist vor allem
an jünger Benutzer gerichtet, wobei die von der Nintendo
Spielkonsole bekannte Comicfigur Mario mit entsprechenden
Tastaturanschlägen gesteuert wird. Clue bei der Sache
ist, daß die Steuerung nur mit dem 10Fingersystem zu
bewerkstelligen ist. Prinzipdarstellung
3.2.7
Problemlösung: Learning by doing Charakteristika Der Lernende bearbeitet ein didaktisch aufbereitetes
Problem schrittweise. Dem System wird in erhöhtem Grade
Adaptivität und Interaktivität abverlangt. Für die
Umsetzung auf Softwarebasis wurden aus realen
Lernsituationen verschiedene Ansätze gewählt:
Abgesehen von den Entwicklungskosten eines
Learning-by-doing-Systems, stellt sich die Frage
inwieweit eine computergestützte Ausbildung alle
Bereiche des Wissens ausreichend abdecken kann. Auch die
Entwickler eines solchen Systems sind nicht unfehlbar.
Schlußfolgernd muß also festgestellt werden, daß der
Lerner entweder über entsprechendes Basiswissen
verfügen muß oder von einem real existenten Lehrer
beaufsichtigt und unterstützt wird. Werkzeuge zur Erstellung Um nicht der Gefahr zu verfallen, ein starres
Frage-Antwort-Muster dem Benutzer vorzugeben ist der
Einsatz von komplexen Methoden notwendig. Diese Methoden
lassen sich mit Autorensystemen, auch wenn sie über
Autorenspracherweiterungen verfügen, nicht mehr
verwirklichen. Zum einen fehlt entsprechender Befehlssatz
um die notwendigen Algorithmen zu implementieren, und zum
anderen liegen die Abarbeitungsgeschwindigkeit in für
reale Anwendung nicht praktikablen Bereichen.
Programmiersprachen, die auch die Einbindung von
maschinennahem Programmcode zulassen sind hier besser
geeignet und vorzuziehen. Beispiel In der medizinischen Diagnostik bestehen schon einige
Versuchssysteme, die sich den analytischen Ansatz zu
Nutze machen. Die Softwaresysteme sollen dem Arzt bei der
Erkennung des Krankheitsbildes unterstützen und
Ratschläge geben, wie eine optimale Versorgung
gewährleistet ist. Prinzipdarstellung
Nach der Einzelbetrachtung der Lernsysteme ist die
Einordnung im Gesammtkontext bezüglich der
Interaktivität, Komplexität, dem Zusammenhang mit den
Lernmodellen/Theorien und der Effizient notwendig. Mit
Hilfe von Diagrammen soll dies erleichtert werden: Interaktiv/Adaptiv
Komplexität eines Systems Der hier angesprochene Grad der Komplexität bezieht
sich auf die Implikationen bei der Entwicklung einer
Anwendung des entsprechenden Types. Als Maßstab wurde
die Simulation mit einem Maximum von 100% genommen. Dies
trifft zum Beispiel für die Realisierung eines
Flugsimulators zu.
Systeme im Zusammenhang mit den
Lernmodellen/Theorien Werden die Erkenntnisse der Kapitel 3.1 und 3.2
zusammengefaßt, so lassen sich die Lernsysteme in die
Abbildung 5 aus Kapitel 2.4 einordnen und erhält damit
die Abbildung 16. Es wird gezeigt, wie das Verhältnis
der Lernsysteme gegenüber den Lerntheorien und
Lernmodellen gelagert ist. Der Übersichtlichkeit wegen
wurden die farblich gekennzeichneten Bereiche nicht
ausgezogen.
3.4.1 Das
Phasenkonzept der Teachwareentwicklung Die aus dem Software-Engineering bekannte
Top-Down-Methode für die Realisierung eines
Softwareprojektes läßt sich auch auf die Erstellung von
computerunterstützten Lernsystemen übertragen. Es
lassen sich 6 Phasen definieren, die wie Abbildung 17
zeigt, in direktem Zusammenhang zueinander stehen.
Phase Zielanalyse In der ersten Phase steht an oberster Stelle die
Definition der Projektziele und Inhalte. Im Einzelnen ist
zu klären:
Benutzer vermittelt werden sollen
zuklären Allgemeine Merkmale: Alter, Bildungsgrad, Lernmotivation Stoffbezogene Merkmale: Vorkenntnisse, Erfahrungen, fachliche Interessen, Medienbezogene Merkmale: Computererfahrung, Teach-wareerfahrung, Darstellungs-präferenzen
diesesThema behandeln, grundsätzliche Akzeptanz bzw. Bedarf durch Experten-gespräche, Gespräche mit
Lernenden bestimmen Ergebnis dieser Phase ist die Lerninhalte und
Lernziele des Kurses zu bestimmen. Phase Lösungskonzept Ausgehend von den Ergebnissen der ersten Phase wird
ein Lösungskonzept gesucht. Grundlegend ist dabei zu
definieren:
Ergebnis der Konzeptphase ist ein Pflichtenheft
inklusive Projektplan. Phase Pädagogisches Design Das Pädagogische Design ist der nächste Schritt. Das
Pflichtenheft zur Grundlage wird eine Umsetzung der dort
aufgeführten Bedingungen und Richtlinien durchgeführt.
Dabei wird zuerst ein Grobdesign mit entsprechenden
Teilpunkten entworfen:
Anschließend an das Grobdesign wird genauer
untersucht, wie sich der Unterrichtsstoff durch geeignete
Präsentationsmethoden und -möglichkeiten darstellen
läßt. Die Feinplanung enthält:
Ergebnis ist ein Drehbuch, das Richtlinien für
die technische Realisierung vor- und das Pflichtenheft
konkret wiedergibt. Phase Technische Design Unter dem technischen Design versteht sich die
praktische Umsetzung des Drehbuchs zur Software. Es ist
abzuklären, welche Hardware als Plattform und welche
Werkzeuge für die Umsetzung in Anspruch genommen werden.
Gerade unter Berücksichtigung der technischen
Möglichkeiten ist der Austausch zwischen den
pädagogisch orientierten Designern der dritten Phase und
den Entwicklern, welche für die Umsetzung des Drehbuchs
verantwortlich sind, notwendig. Für die Realisierung
sind folgende Gesichtspunkte entscheidend:
Ergebnis der vierten Phase ist ein Prototyp der
Software. Phase Implementierung Basierend auf dem Prototypen entsteht in der
vorletzten Phase ein marktfähiges Produkt. Abschließend
sind folgende Implementierungen notwendig:
Ergebnis der Implementierung ist das
markfähige Produkt. Phase Evaluation Nach dem Verkauf der Lernsoftware ist es notwendig,
Erfahrungen und Arbeitsweisen der Benutzer mit dem
Produkt zu erfassen. Dies kann zum einen durch
Aufzeichnung des Benutzerverhaltens geschehen, natürlich
unter Berücksichtigung des Datenschutzes, zum anderen
durch Befragungen mittels Fragebögen und Interviews aber
auch durch Mitprotokollieren der Fragen und Probleme
welche dem Benutzersupport entgegengebracht werden.
Interessant sind insbesondere:
Ergebnisse dieser Auswertungen werden in
zweierlei Form verwertet.
Zusammenfassung Wie bei jedem anderen technischen und komplexen Produkt auch ist die geplante Vorgehensweise im Entwicklungsprozeß die einzige Möglichkeit, kontrolliert schwere Konzeptions- und Designfehler zu vermeiden. Auch ist nur auf diese Weise ein zeitlich begrenztes Projekt durchzuführen. Ob nun das beschriebene Top-Down Phasenkonzept zum Einsatz kommen muß, bleibt dahingestellt. Sicherlich bieten sich auch noch andere Planungsvarianten an, die in Ihrer Effektivität nicht minderwertig sind. Das vorgestellte Planungskonzept dient vielmehr dazu,
dem Nichkundingen einen Leitfaden bei der Entwicklung
eines Lernsystems zu geben. Aus diesem Grund sind die
einzelnen Teilpunkte nicht zwingend, sondern beratend
anzusehen. Einer Änderung bestimmter Abläufe steht
ebenso wenig im Wege wie der Tatsache, daß in einem
realen Projekt die einzelnen Stufen wohl eher überlagert
als seriell bearbeitet werden. Wichtig ist jedoch die
Kommunikation und das Feedback zwischen den einzelnen
Phasen, um noch während der Entwicklung schweren Fehlern
auf die Spur zukommen. Ist die Lernsoftware erst
ausgeliefert, gestaltet sich eine Fehlerbehebung
kostspielig und nur schwer durchführbar. 3.4.2
Werkzeuge zur Erstellung von Teachware Zur Erstellung von Software werden traditionell
Hochprogrammiersprachen wie C++ herangezogen, die sich
vor allem durch Objektorientierung und hohe
Verarbeitungsgeschwindigkeit auszeichnen. Für
speziellere Anwendungen wie etwa das
Datenbankinterfacedesign sind visuell orientierte
Sprachen wie VisualBasic oder Delphi geeigneter, da hier
notwendige Benutzerinterfaces in Form wiederverwendbarer
Komponenten bereitstehen. Für die Entwicklung von
Lernsystemen haben sich zusätzlich Autorensprachen und
-systeme auf dem Markt etabliert. Eine genauer
Betrachtung der Eignung und Einsatzgebiet der jeweiligen
Entwicklungstools wird im Folgenden aufgezeigt: Programmiersprachen Programmiersprachen ermöglichen es auch komplexere Methoden zu verwirklichen, wie sie beispielsweise für wissensbasierte Systeme notwendig sind. Auch stehen mittlerweile Sprachen und Entwicklungsumgebungen zur Verfügung, die es ermöglichen die Benutzerschnittstelle rasch und unter Einbeziehung aller multimedialer Möglichkeiten zu gestalten. Als weiterer Vorteil ist die Objektorientierung vieler Sprachen zu nennen, wobei bestimmte Komponenten für neu Entwicklungen wiederverwertet werden können. Ein nicht zu vernachlässigender finanzieller Gesichtspunkt. Nachteilig erweist sich jedoch die Tatsache, daß die
meisten Programmiersprachen in einem bestimmten Dialekt
vorhanden sind und eine Portierung von einem
Betriebssystem zum nächsten nicht oder nur sehr
aufwendig zu verwirklichen ist. Daß es trotzdem möglich
ist, mittels traditioneller Programmiersprachen
anspruchsvolle und grafisch ansprechende Lernsysteme zu
entwickeln, zeigen die vielen mit VisualBasic
programmierten Anwendungen ebenso wie die wachsende Zahl
an delphibasierenden Anwendungen. Autorensprachen Autorensprachen sind Programmiersprachen, die spezielle Anweisungen für die Entwicklung von Lernsystemen zur Verfügung stellen. Sie sind leichter zu erlernen als reine Programmiersprachen, jedoch wird damit auch eine geringere Flexibilität erkauft. Theoretisch lassen sich die traditionellen Programmiersprachen durch entsprechende Komponenten um die Funktionalität einer Autorensprache erweitern. Die Literatur ist in diesem Punkt allerdings nicht aufschlußreich und auch in anderen Bereichen konnte der Autor keine entsprechenden Anhaltspunkt auf die Existenz einer solchen Erweiterung finden. Dies gilt allerdings nicht für die andere
Möglichkeit, ein Autorensystem mittels einer
Autorensprache in der Flexibilität zu erweitern. Als
Beispiel sei hier nur die Sprache Lingo genannt, welches
in dem Produkt Director der Firma Macromedia
implementiert ist. Autorensysteme Bei den Autorensystemen handelt es sich mehr oder minder um Baukästen, die verschiedene Bauteile anbieten, aus denen eine komplettes Tutorial erstellt werden kann. Der Großteil der Tools unterstützt dabei die gängigen multimedialen Formate. Zusätzlich sind einige wie bereits beschrieben um eine Autorensprache erweitert um die Flexibilität in der Entwicklung zu erweitern. Auch Mechanismen zur Benutzermodellierung sind zum Teil vorhanden. Entscheidender Vorteil der Autorensysteme ist die Plattformunabhängigkeit der Entwicklungsergebnisse. Da kein maschinenspezifischer Programmcode generiert wird, sondern die Informationen in eigenen bzw. plattformunabgängigen Dateiformaten gespeichert werden, ist die Übertragung auf ein anderes Betriebssystem oder eine andere Plattform leicht zu bewerkstelligen. Einfachstes Mittel ist die Bereitstellung eines sogenannten Runtimemoduls das auf dem jeweiligen Betriebssystem aufsetzt und systemspezifische Funktionen bereitstellt, welche zur Ausführung der Software notwendig sind. Gerade wenn es um die plattformübergreifende
Entwicklung von multimedialen Anwendungen und
Lernumgebungen geht, liegen die Autorensysteme klar im
Vorteil. Für eine Übersicht bzw. detailierte Tests
dieser Systeme sei auf diverse Fachartikel wie zum
Beispiel [Beyer] verwiesen. Merkmale der Autorenwerkzeuge Wie bereits deutlich wurde, lassen sich über die vorgestellten Autorenwerkzeuge Aussagen über die Flexibilität, Produktivität und Benutzfreundlichkeit machen. Abbildung 18 zeigt in einem Koordinatensystem die schwerpunktmäßige Verteilung der Tools. Die Flexibilität bezieht sich auf die Möglichkeiten
bei Umsetzung von Kursplänen zu Lernsoftware. Die
Produktivität und Benutzerfreundlichkeit hingegen
bezieht sich auf die direkte Entwicklungsgeschwindigkeit
bzw. Einfachheit beim Erlernen und Benützen der
Werkzeuge.
3.4.3
Personelle Kriterien, Zeitplanung, Kosten Die wirtschaftlichen Faktoren Personal, Zeit und Kosten sind für den finanziellen Erfolg einer Software entscheidend. Auch wenn ein Produkt sich auf dem Markt sehr gut verkauft oder der Kunde mit der Einzelentwicklung zufrieden ist, hilft dies dem Projekt insgesamt wenig, wenn die ökonomischen Kriterien nicht stimmen. Im Zusammenhang mit dieser Arbeit kann leider nicht im Einzelnen auf diese Thema eingegangen werden, auch wenn es dem Autor als sehr wichtig erscheint. Es sei daher auf [Bodendorf] und [Schulmeister] verwiesen, die sich mit diesem Thema ausführlich beschäftigen. Um einen kleinen Einblick über die Bedeutung dieses
Themas zu geben, sollen einige Zahlen kurz erläutert
werden:
Man erkennt leicht, weshalb besonders die klassischen
Softwarehersteller wie Microsoft, aber auch große
Buchverlage in das Geschäft mit der Lernsoftware
eingestiegen sind. Ausgestattet mit entsprechendem
KnowHow bzw. Fachkräften der einzelnen Sachgebiete der
Lernsystementwicklung, umfassenden Erfahrungen in der
Software- und Multimediaentwicklung und etablierten
Vertriebswegen ist eine Entwicklung in einem Umfang
möglich, wie sie von einem kleineren Unternehmen nur
ansatzweise verwirklicht werden können. |